Hymne beim Abendmahl

Danket dem Herrn, denn er ist gut und freundlich!

Ewiglich währet seiner Gnade Dauer:

Göttliche Nahrung gab er uns; er gab uns

Speise des Lebens!


Seegen und Sättigung ward uns die Fülle.

Brüder und Schwestern, theure Blutsverwandte,

Laßt uns vom Becher seiner Liebe froh sein:

Aber auch dankbar.


Laßt uns des Tempels heiliges Gewölbe

Jubelnd mit Hymnen unsers Danks erfüllen!

Unsichtbar schwebt hier Gottes Wohlgefallen:

Aber uns fühlbar.


Laßt uns erzählen unter süßen Thränen,

Obschon der Freude Stammeln unsre Zungen,

Obschon das Leben dieses Glücks all unsre

Herzen durchzittert;


Laßt uns erzählen von der Liebe Wundern,

Von der Erbarmung göttlichem Geheimniß;

Welches Gedächtniß Jesus, der Vollbringer,

Nach sich gelassen.


Hörtet ihr nicht die heil'gen himmelvollen

Worte der Stiftung? Saht ihr nicht des Priesters

Segnung und Weihe? – Hört, o hört und merkt, die

Worte des Lebens!


»Nahm er das Brot, und brachs, und gab es allen; – –

Nahm er den Kelch, und ließ sie alle trinken; – –«

Wunder voll Wonne! Denn er gab sich selber,

Daß er uns rette.
[315]

Göttlicher Freund! o hilf dies Heil uns tragen!

Hilf uns thun den Willen dieses Bundes:

»Aber das thut, so oft ihrs thut, zu meiner

Liebe Gedächtniß.«


Liebe, ja Liebe bis zu Tod und Grabe!

Liebe des Himmels für den Staub der Erde!

Liebe der Ewigkeit und Allmacht, zu dem

Sterblichen Menschen!


Brüder und Schwestern, wie er uns geliebet,

Laßt uns ihn lieben! Weder Welt noch Himmel

Hat ihn geschieden. Weder Welt noch Himmel

Soll uns auch scheiden!


Also genährt durch dieses Brot der Weihe,

Also gestärkt durch diesen Becher, laßt uns

Herzen an Herzen, Hand in Hand, nun liebreich,

Klüglich und muthig,


Wallen die Reise durch des Lebens Dornen;

Treulich dem Pfade, den er vorgewandelt.

Fürchtet die Dornen nicht! denn seine Liebe

Schmückt sie mit Trauben.


Jesu, so kommen wir, all deine Gäste;

Wollen zu dir, dort, wo du uns erwartest;

Halten mit dir dort festlicher das Mahl des

Brodes und Weines.


Aber du, Vater unsers Liebelehrers,

Blicke herab auf seine Blutsverwandte!

Siehe, wir sind dein Haus. O deinen Segen,

Vater der Liebe!


Tröster und Leiter, Geist, herab gesandt von

Vater und Sohn; Geist der Liebe, führ' uns,

Daß wir nicht straucheln, noch in Irre wandeln,

Sinken noch stürzen.


Amen! Wir wissen, Heil uns! wenn wir glauben.

Brüder und Schwestern, harret des Vollbringers!

Herrlich begann es; herrlich wird er's enden:

Amen, und Amen!

Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 48, Stuttgart [o.J.], S. 315-316.
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