1. Trinklied bei Hermanns Siegesschmaus

[318] Kommt, setzt euch um den Barden her,

Ein jeder mit der tiefsten Schale;

Es gilt auf künft'ge Siegesmahle!

Kommt, setzt euch um mich her.


Singt freudig und aus voller Brust.

Rom liegt, zertreten vom Verderben:

Doch wir sind seiner Fässer Erben!

Was fehlt uns noch zur Lust?


Schenkt ein den Wein, der sie gelabt!

Wir sind nicht kundig ihn zu halten;

Er könnte sauern und veralten:

Drum trinket, weil ihr habt.


Thor schickt den Sturm aus; der zerbricht

In unsern Wäldern Stamm und Äste:

Bald winkt er ihn zurück, und Weste

Liebkosen dem Gesicht.


Es würgt der aufgereizte Bär

Die Störenfriede seines Schlummers:

Dann hüpft der Siegestanz des Brummers

Durch Feld und Wald daher.
[318]

Und wir, wir sollen träge sein?

Ha! laßt in Roms verwaisten Mauern

Die Mütter und die Bräute trauern:

Wir haben ihren Wein!


Auch soll ihr Wein, so wie man sagt,

Den Mann erfreun, den Greis erneuern,

Den wärmsten Barden mehr befeuern:

Und es ist, wie man sagt!


Ach, ich verschmachte! gebet mir

Von diesem Wein, ihr Freiheitsrächer!

Fürs Vaterland den ersten Becher;

Den andern, Hermann dir!


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 48, Stuttgart [o.J.], S. 318-319.
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