[Vorrede]

[93] 1.

Jehovah, der vor der Zeit und Natur war ein Dreieiniger Gott, und in der Zeit und Natur ist ein Dreieiniger Gott, und nach der Zeit und Natur wird ein Dreieiniger Gott, sei nun dem Japhet, Sem, Ham, der einige Jehovah!


2.

Meine fünffmonatliche Reise nach Mitternacht vom Pathmus der siben Gemeinen im Morgenlande in und mit dem neuem Rom, Constantinopel, mit welchem ich das alte Rom zwischen Asia und Europa, Africa und Europa, America und Europa, über tausend Teutsche Meilen halb zirkelweise umfahren, wird i grössere übernatürliche Leitung eröffnen, i herrlicher si unter vilen Trübsalen volführet.


3.

Denn si hat sich angefangen gleich alsdann, nachdem der Morgenländische Pflug gleich fünff Monden zum flug nach Norden mich geflüget, und ist auch in rechter Zeit, ungeachtet so vile Anstösse, Gottlob, nun mehr beschlossen.


4.

Wunderbahr ist, das ich unter so harten Zufällen Constantinopel betreten zur rechter Zeit; wunderbahrer, das das Schif Constantinopel an dem Ort und zu der rechten Stunde wi es sein solte, verhanden, dessen Capitain alleine auch erwekket, um in einer so herrlichen Harmoni, unter des Teufels Spott und Neid, vor aller Welt Augen dis Werk fortzustellen; am allerwunderbarsten, das Wind und Wellen, und alles miteinander sich gefüget, auch das Schif Constantinopel am letzten Tage des fünfften Monden vor Amsterdam kommen, wi die heimliche Weissagungen in den Propheten erfodert.
[93]

5.

Wirstdu dich nicht verwundern, wann du lisest, wi das Schif Calvaria, nicht alleine eines diser fünffachen Flotte, sondern auch das eintzige, welches so gefährlich vor Melos auf unser Constantinopel antrib, Uns den stärksten Anker brechend?


6.

Oder solte dich unsere daselbstgeschribene Worte: Calvaria versigelt und entsigelt! nicht entsätzen, nachdem das Schif Calvaria, vor den augen des gantzen Hollandes, auch um di zeit, da Calvaria in allen offentlichen Gemeinen seinen Jahrtag hatte, das VerfolgungsCalvarien, mit seinem Schiffbruch vorm Tessel versigelt und entsigelt?


7.

Der Satan meinte unter so vilem Schertz und Hohn das Werk Gottes zuverfinstern; unter dem Nahmen der Torheit es zuvernichten; unter so vilen gefährlichen Bestürmungen, von aussen und von innen, von fremden und eigenen, alles zuerobern: alleine si sind nur zu Dinern gebrauchet, damit desto stärker di Warheit sich ausbreite, und müssen si alle nur Zeugen sein, das es nach der Weissagung wunderlich ergangen, und si sich alle, wessen Geistes Kinder si wären, sich abgebildet.


8.

Di Kleinother, welche in disen fünffzehngesängen sehr häuffig, sind eines sehrhohen Werthes, ob si gleich in der Nacht noch etwas unerkänntlich möchten bleiben, und werden desto lichtere Strahlen durch alle Völker aussenden, wann es von Morgen und Mitternacht taget.


9.

Denn Pathmus mit seinen siben Gemeinen war vor mals aller Welt ein Zeichen, mit deme der Heilige Geist di gantze Christenheit, nach allen ihren altern bezeichet; und ist nun billich in unser Reise mit seinem Smyrne di Hauptfigur worden, darinn di grosse Offenbahrung, nach der Weissagung, zuerst hervorschosset, das der Evangelist Johannes, aus seinem geistlichen Pathmus, allen Gemeinen, di da waren, sind, und werden, prophetire, und si alle offenbahre.


10. 40.

Denn von nun an werden sich alle Stimmen öffnen, und dem Japhet, Sem, Ham, aller Geschlechter, Sprachen, Völker, nicht nur der Geschicht- Licht- und Geticht-Christen, ihr Gott, dem si gedinet haben, vor aller Augen bekand werden.


11.

Denn der Anfang hat das Ende, und das Ende den Anfang funden, das ist, di Erndzeit der Welt, nachdem bald sechsjahrtausende gesäet, ist herbeigenahet, und mus das Unkraut nunmehro aus allen Völkern gesammelt werden, um mit dem Eliasfeuer es zuverbrennen.
[94]

12.

Was entsätzet ihr euch, ihr Völker? Und warum erbebet ihr? Wi? fürchtet ihr euch vor der Stimme von Morgen und Mitternacht, di ihr bishero verlachet!


13.

Lasset das Unkraut der Babel und Fabel von euch, und werdet weitzen, das ihr in das Christusreich miteingesammelt werdet, so entrinnet ihr dem Ernstfeuer, das allen Völkern zum Zeichen bald stehet.


14.

Wachet auf mit den fünff klugen Jungfrauen unter euch, di sich schon regen, und flihet, flihet, flihet di Sicherheit der fünff tummen Jungfrauen, di di Zeichen diser Zeit nicht eher unterscheiden wollen, ehe si selbst mit ihrem Untergang werden das Zeichen.


15.

Das Zeichen des Propheten Jonas war, ist, wird euch zur ärgernis, wo ihr noch länger Babel und Fabel beschützet, und war, ist, wird der beste Probirstein, um das Glaubensgold von dem falschem Scheinglaubensflinkergold zuerkennen.


16.

Was ist das Zeichen des Propheten Jonas? 1. Ein flihen des Göttlichen Beruffes, und gewaltsame Zwingung; 2. eine heimlichunerfasste Figurirung der künfftigen Zeit; 3. eine ausdrükkliche Zeitbenennung und Verschibung; 4. eine Anreitzung durch schrekkliche Dräuung zur Busse; 5. eine klahre Beweisung Göttlicher Langmutt und Barmhertzikeit; 6. ein murrender Widerwille und ungeduldiger Gehorsam des Prophetens; 7. eine nach der Strafferlängerung gewisse Erfüllung.


17.

Dis Zeichen des Propheten Jonas ist dem Japhet, Sem, Ham der verwirreten Christenheit gegeben, vor dem sechsten allgemeinen Weltgerichte, wi Jesus Christus ihnen in den falschen Jerusalemiten gedräuet, und werden der fünff tummen Jungfrauen, aus den selbstgeruffenen Kindern Gottes, nun solche grosse anzahlen, das fast di meisten Göttlicherwekkten von der Warheit und derer Göttlicherkohrenen Zeugen sich haben entfremdet.


18.

O was vor ein Glateis erkalteter Libe habe ich zum Wilkommen angetroffen, als ich in solchem Feuer Göttlicher Krafft von Osten herabeile! Sehet zu, ihr fünff tumme Jungfrauen, wi euer Eis, mit deme ihr befroren, kälter als das kälteste Eismeer, nun von dem Göttlichem Feuer, das alles Reine vom Unreinem soll schmeltzen, vor aller Welt wird auftauen, und eure unvorsichtige Vorsichtikeit aufdekken.


19.

Wahr ist, ich bin schwartz worden, weil di Läuterungs- und Prüfungssonne mich verbrand.
[95]

20. 50.

Ich bin schwartz worden, aus Libe zur Warheit gerühret, und mus noch schwärtzer werden, weil di Schwärtze, di schwärtzer ist als das allerschwärtzeste Schwartz, mich zuvor mus schwärtzen, ehe di Krafft von der Krafft der Krafft flammet.


21.

Ich wil euch aufs neu eine ärgernis machen, und eine Anstossung werden, daran ihr euch stossen sollt, wo ihr in der Falschheit bleibet, um Gottes Ehre an euer ärgerung vor aller Welt zuverherrlichen.


22.

Ihr habt bishero di Kinder Gottes geprüfet; nun werden di Kinder Gottes euch prüfen, und aus ider Mutter seines Anfangs, es sei di Feuer- Licht- oder Naturwelt, den ihr aufblaset, mit euch handeln.


23.

GeschichtChristen: GesichtChristen. LichtChristen: PflichtChristen. GetichtChristen: GerichtChristen.


24.

GeschichtChristen sind, di von Waldus an, unter den siben Schalen des Wiclefs, Hus, Zwinglius, Luthers, Calvinus, Comenius, u.s.f. aufgestanden.


25.

LichtChristen, di von den 144000. Jungfrauen unter den siben ewigen Evangelisten in dem Paradisischem Rosengarten des ewigen Evangeliums gespatziret.


26.

GetichtChristen, deren Gott der Pabst, Apap, Babel und Fabel.


27.

Und weil aus fremden Landen pilgramisirende pflegen ihren Freunden und Bekandten was si seltenes angetroffen, zum Geschenke mitzubringen: so überlifere ich auch, aus dem fernem Osten kommende, dem Japhet, Sem, Ham aller Geschlechter, Sprachen, Völker, von Abend, Mitternacht, Morgen, Mittag, ein hochwichtiges Geschenke, nemlich siben allgemeine güldene ABC, derer Gebrauch aus der Ewikeit kam in di Zeit, und aus der Zeit wider sich wendet in di Ewikeit.


28.

Si sind eingetheilet nach den 28 Theilen so wohl der grossen Weltwochen, als ider allgemeiner Woche, den 168 grossen Jahrstunden, als kleinen Wochenstunden, und bringet si billich mit das Kind, von dem der Prophet Kotterus weissaget: weil sie, Um diselbe Zeit (der 5 Monden) wird ein Kind gebohren werden, desselben Alter wird sein 28 Jahr und seine Seugamme vom Morgen: weil si, wann das Kind von zweiundvirtzigmahl 28 Jahren im October ist getauffet, ihren gebrauch erst völlig finden.


29.

Denn di zahl 168, di beim Propheten darzu ernennet, wird di 168 grossen Weltstunden desto herrlicher austhönen, und was sonst in disen[96] Fünffzehngesängen bis dahin versigelt, ausposaunen; Weil der wesentliche Samen, der nun ausgesäet, dann völlig wird eingeerndtet.


30. 60.

Ihr aber, dreifache Helden unter Japhet, Sem, Ham, nehmet nun eilfertigst an eure Trompeten einen weisrothblaustreiffichten Fahn, zihet an di weisrothblaufärbichte Kleider, weil der Grosfürst Michael, nach des Propheten Daniels Weissagung, sich schon rüstet uns zur hülfe zukommen, dessen Vorboten di allgemeine Rührung in sovilen Gemüttern bei allen Völkern ist.


31.

Der Fride ist dar, davon Kotterus also weissaget: dise Wise ist ein Land, davon ihrer vil ein falsche Hoffnung ihnen machen, eines so überausgrossen und herrlichen Fridens, indeme si vermeinen, alle ihre Feinde sind zum boden geschlagen, und vergessen, das der König aller Könige wider si kriget.


32.

Darzu gehet das Thir zu Rom zwischen den zweien Bergen des Lutherthums und Reformirten hervor, wi Kregel geweissaget: über dessen Anschlägen zittert nunmehr andern zugeschweigen, Engelland; alleine dises gifft sol eine Ursache sein, um bemeldten Prophetens Kregels Weissagung von Vereinigung des Luther- und Calvinusthums zuerfüllen: Der Herr wird ein Mittler sein, und aus disen zweien Bergen einen festen Berg machen; da wird di Gottlosen nimmer helfen ihre kunst und Geschikklikeit.


33.

Darum vereiniget euch nur, ihr dreifache Helden, und fanget an zusammen zutrompeten: Nun lasset uns rüsten wider di Babylonischen zum Streit: ein ider nach seinem Ruf, nur zu einem Zwekk vom Morgen und Mitternacht, so werden wir di Erstlinge vom Asiatischen und Europeischen Euphrates strakks erndten. Amen.


34.

Gegeben zu Amsterdam, dahin er vor 15. Tagen um di Zeit kommen, als vor 5 Jahren ein eusserlicher Ausgang begunte, nachdem er zweimahl 28. Wochen mit beider Constantinopolitanischen Reise zugebracht, den 15. Aprill des 1679. WunderChristjahres.

Quelle:
Quirinus Kuhlmann: Kühlpsalter, Band 1 (Buch 1–4), Tübingen 1971, S. 93-97.
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