Der 4. (79.) Kühlpsalm

[111] Nachdem vom Amsterdamkorah, Brekling, durch den Londonsdathan, Badhors, der Parisabiram, Polier, im 29 und 30 November zu Paris ausging, zur neuen zerstreuung seiner Jerusalemischen Reise, mit unerhöhrten gefährlikeiten im mitten seiner Reise; ernst zu Gott um gegenstand geseufftzet zu Genf im weissen kreutz den 16 Dec. 1681. darüber der Teutsche Prediger Otto Korn, von sich selbsten durch Gott getriben als er früh gesehen, gleich kam.


1.

Gefährlicher wird mir der Freunde thun,

Als aller Feind auf Erden.

Wi lang, O Gott, verstöhren si mein ruhn?

Es wil stets schlimmer werden.

Wi bin ich nun so schnell umsätzt?

So höchstgeheim vernetzt, verletzt?

Ich falle dir, mein Jesus, in di armen!

Ich schrei um dein erbarmen.

Herr Jesu Christ! Nihm weg von mir gefahr!

Si sehen neu, das ich dein Knechtchen war.
[111]

2.

Dein Uhrwerk ist zum zweitenmahl verstellt,

Das du selbst aufgezogen.

Si schwärtzen mich, wi idem nur gefällt,

Erregen wasserwogen.

Si widerstreben deinem zug;

Verkehren ihn nach hertzbetrug.

I näher si mit meiner Seel verbunden,

I tiffer sind di Wunden.


3.

Ihr fallen wächst aus idem neuen fall:

Di hölle wird gantz offen.

I grösserer erhallt dein Wunderschall:

I kleiner wird ihr hoffen.

Si werden sämtlich angestekkt:

In sich aus sich durch sich beflekkt.

Was wird vor schmach auf Gottes Werk gegossen?

Ich bin meist unterflossen.


4.

Dein zorn entbrennt im allerrechtstem Recht!

Ach Satan wil si sichten!

Wi solte nicht ertrinken dis Geschlecht!

Dann richten si dein richten.

Si leschen noch mit öl dein feur:

Und sind noch deinen augen theur!

Si folgen dir, wann si voll eigenwillen:

Enthüllen dein Verhüllen.


5.

Di zunge schneidt weit schärffer als ein Schwerd:

Ihr hertz ist noch voll guttes!

Wann falscher rath in falscher that ausfährt,

Dann sind si Christi bluttes.

Was durch versehen ist geschehn,

Dis mag zum Gotteswerk man drehn.

Weil du mich prüfst durch deine Wunderwege,

Verwirfft man deine stege.


6.

Imehr mein hertz auf dich ist unverrükkt,

Aus dir in dir gelassen:

Imehr sind si mit falscher furcht verstrikkt,

Um dich und mich zuhassen.[112]

I grösser war gedult und huld:

Imehr verhäuffen si di schuld.

Si solten ernst dein Wunder draus erkennen,

Nicht sich daran verbrennen.


7.

Du offenbahrst mit mir sat deinen schlus,

Und sind si dessen zeugen:

Der eigenkopff verwendet fus und flus,

Das si ihn krum abbeugen.

Si haben dessen sich erkühnt,

Das Babel unschuld noch verdint.

So lange du, mein Gott, si lässt so handeln,

Ist schlipffricht mir zuwandeln.


8.

Ich bin verstarrt, das ich vor deinem thron,

Sol gegen si hir schreien,

Du sihst, wi ich und wo ich stehe schon:

Du wirst mich doch befrei(u)en.

Ich merke gleich erhöhrte bitt:

Si quellt aus deiner wundergütt.

Si strahlet noch in diser nacht was dunkel,

Doch klährer als karfunkel.


9.

Hallt inn, Vernunfft, mit allem deinem stoltz!

Was meinstdu vil zuwissen?

Du bist dem zorn ein überdürres holtz,

Und wirst mit aschen büssen.

Wir wigen mehr dann tausendfach,

Und hastu nur von uns vil Ach!

Es ist was mehr im Gotteswunder reisen,

Als du kanst ewigst weisen.


10.

Hosann, Hosann! Jehovah, unser Heil!

Du warst, (ist, wirsts) mein ewigst Sigen!

Uns ward, (ist, wird) kron, thron und zepter zu dem theil,

Wann alle unterligen.

Hosann! Di ehr Gott in dem Pol!

Hosann! Der Erd ein stetes wohl!

Hosann! Dem Mensch ein heiligs Lustbehagen

In alle seine tagen.[113]

Mein Jesus Christ nahm weg von mir gefahr:

Si sahen neu, das ich sein knechtchen war.

Quelle:
Quirinus Kuhlmann: Kühlpsalter, Band 2 (Buch 5–8 u. Paralipomena), Tübingen 1971, S. 111-114.
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