Der 8. (23. 98.) Kühlpsalm

[209] Darinnen er eiferte vor Gott über so grossen offentlichen, und noch grösseren heimlichen Aufruhr der Badhorsinjuriensrotte, nach seinen so langmüttigen flehungen, warnungen, dräuungen durch 375 tage seiner widerkunfft; im geiste gleich den Himmel über si brechend, und di Erde unter ihnen reissend, zu London den 26 und 27 Octob. 1683. darauf Badhors Bluttschande mit seiner Stiftochter Schandgeburt im Mai 1684. zu Amsterdam offen kommen zur figur des Personalsantichrists; Höllgrafens verrätherei weltkündig worden, und der Grimm Gottes si allenthalben verfolget bis an das gesätzte Zil.


1.

JehovaJesus hilf mir nun aus der Gefahr,

Darein mich hat di Korahsrott gesätzt!

JehovaJesus steh mir bei

Mit des Eliens krafft und Moses seinem Wunder!

JehovaJesus komm zu deinem Richteramt!

Auf, brülle nun als ein ergrimmter Löw![209]

JehovaJesus mach mich los von ihren banden!

Gib freiheit, gib mit ihrer kett!

Las sehen nun den Türken, Juden, Heiden,

Das du erhöhrst mein feuriges Gebet!


2.

Wi ward dein heilger nahm in disem bösen volk

Gelästert nicht durch so gar manches Land?

Wi haben si sich nicht empört?

Was widerstand geschah so vilen Millionen?

Und dises his mit schein di höchste heilikeit?

Was ist vor Rath nicht itz in ihrem sinn?

Si haben gegen dich in mir sich meist verschworen

Zu hinderen dein grosses werk!

Di warnung ist zur lauter schertzung worden:

Si hat auf mich so manche noth geführt.


3.

Imehr einfältiger ihr bestes ward gesucht,

I schlimmerer bin ich dadurch vernetzt:

Getriben um, als wi ein Reh,

Durch so gar manchen weg so übergrauser nöthen.

Mein leben lif so tif in tausend schand

Durch ihre list und höllischen betrug.

I treuer ich mit ihm vor aller Welt gehandelt:

I grösser untreu fesselt mich.

Mein seufftzen ist vor deinen thron gestigen,

Das ich zu dir in meinem elend sandt.


4.

Du machst mit uns zuvil, war ihr gemeltes wort,

Wann ich vor dir im höchstem wunder stund.

Si suchten nur ihr eigenes,

Wann überall ihr fall geprisen ward höchstheiligst.

Du warst mit ihnen mehr im vollem lautern licht,

Wann ich durch dich im gantzem Centrum ging.

I grössre demutt ward von meiner Seel gepflogen:

I stöltzerer ward ich gepresst,

Ich hatte mich zuhoch in dir erhoben,

Wann ich beschützt voll glauben deinen Ruf.


5.

Wi offt, mein Gott, war nicht mein angesicht erblasst?

Wi manche thrän umgab mein inners hertz?[210]

Wann ich hoch mich auf dich berif,

Da du anzeigen würdst mein unschuld aller augen:

So hatte ich si ernst auf mich dann angehetzt.

Der Satan spilt aus ihnen erst sein spil

Als ich befehlichet durch si sein spil zu brechen!

Dann hatte Satan hauptgewalt,

Und muste ich an einen Jammerreigen,

Darunter ich gefährlich stolpern must.


6.

Als mich dein eifer ernst aus höchster noth beflammt,

Das ich den tod und leben legte vor,

Um si zubringen zu der Buss,

So ward erst angefeurt des höchsten eifers feuer:

Si stunden dann vor dir in allerreinster Lib.

Es recht si nicht ein höchstgerechter zorn,

Bis alle lästerung den grimmesgrimm ausreitzte,

Der si, wi Sodoms vih, anstekkt,

Um nach dem recht mit unrecht blind zutasten,

Weil deine Rach fand ein geschmükktes haus.


7.

Du lissest si um mich vil tausend Engel sehen,

Und reden si, was ich ni reden wolt.

Selbst Salomon gab kron und thron

In ihrer gegenwart und aller Patriarchen.

Es waren rings zur seit Propheten ohne zahl

Mit Märtyrern und der Apostel Chor.

Sanct Peter und Johann erschinen mir gemeinsam

Mit dem Johann dem Täufferer!

Si höhrten dich auf ewig mich zusegnen,

Und billichen, was ich vollführet hätt.


8.

Du zeigtest endlich auch zun Juden meinen ruf,

Und wi si mich erwarten voll befehl;

Wi sich EGYPTEN unterwarf;

Wi selbst mir CHINA dint und andre Königreiche;

Wi das Jerusalem mit freuden mich empfang;

Wi deine krafft mir seel, geist, leib anzog,

Das kräffte gingen aus von mir in alle länder:

Und eine hauptbekehrung folgt;[211]

Wi aller schatz und Reichthum mir geschenket,

Nach deinem will zum allgemeinem gutt.


9.

So wenig Korah es mit seiner Rotte half

Das wunderzehn, das selbst ihr aug ansah,

Ob si mitspilte Moses Lid,

Und Gott den Herrn gelobt vor Pharaons ersäuffen:

Ob si mit Israel Jehovens stimm vernahm,

Und höchsterbebt gehorsam angelobt:

So wenig half, O Gott, hir auch dein eignes zeugnis

Von deinem knecht durch ihren Mund.

Si habens mehr es suchen zuverdunkeln,

Und mich beschimpfft, verschmäht, verspeit, verlacht.


10.

Was ich empfangen hab als eine gab des Herrn,

Freiwilliglich, aus seinem eignem trib,

Darinnen du verherrlicht warst;

Dis ward mir nur zum strikk und tükk vor aller Erden.

Du sihst, Gerechter Gott, wohin es heut gebracht,

Und wi dis Volk auf mein verderben treibt.

Du sihst, was mir entwendt von disen Hauptverfluchten,

Das nur dein wort zur lügen würd,

Und si an mir ihr müttlein möchten kühlen,

Stat deiner kühl und heilgen Kühlungsbund.


11.

JehovaJesus auf! Auf, fodre Rechenschafft,

Wi Salomonsgeheimnis komm zu ihm,

Das du mir hast zum Erb geschenkt,

Und Salomon mir reicht in ihrer Peiks gesichtern!

Auf, fodre nun dein gold, das aus dem blei gemacht,

Da selbst ihr gold sol werden blei!

Durchblitze nun sein haus, und zünde an di zimmer,

Darinnen du so misgebraucht!

Zih ihnen aus mit schanden Weis und Blaues,

Das dir und mir, mein Jesus, ward entwandt.


12.

JehovaJesus, auf! Versammel dises Volk!

Ihr Hauptmann nehm di Salomonstabell!

Si sei stat jener Opfferpfänn!

Las si bewaffnen sich mit meinem Moseslichte,[212]

Mit Davids wunderspis, mit seines Sohnes glantz!

Las spotten si mit deinem eifergeist,

Und ihres segens hoch, dehn man abstahl, erfreuen!

TINCTUR ertheilt bald ihnen kost!

Si werden ja zu meinem Irrland eilen,

Ob tausendfach den Teutschmann Gott erwehlt.


13.

JehovaJesus, auf! Erschein in Majestät!

Erfüll, erfüll, was dein zorn zugesagt!

Erhöhre mich zu deiner ehr!

O lass nicht dis Geschlecht, wi andre Menschen, sterben!

Vergilt auf ihren kopff ihr eigne missethat!

Ach mache si zur fabel aller Welt!

Auf, heilige den platz zu deinem Heiligthume,

Jehova Jesus Tsebaoth!

Bekräfftige vor aller Welt dein Knechtchen,

Das einmahl alle Welt, Gerechter Gott, dich preis.


14.

Libleerer Libeshauf! Du hast mit schmertz betrübt

Das gantze Volk des neuen Israels,

Weil du verlängerst Gottesgang!

Jehova Jesus hat dich widerum betrübet.

Du hast geärgert hoch durch falschen schein di Welt:

So lehret nun dein Beispil über A.L.L.

Du foderst zeichen stets im zeichen aller zeichen:

Du bist nunmehr das zeichen selbst.

Dein binden wird der gantzen Welt auflösen:

Dein lästeren das höchste Gotteslob.


15.

Triumf! Wir gehen ein, Triumf! ins Wunderland,

Darzu wir sind vom höchstem auserkohrn!

Zu Gottes Lob und Satansschmach!

Triumf! Wir singen neu! Triumf! di Sigeslider!

Triumf! Der trauerthon! Triumf! ist nun zum end!

Wir stehen auf vom schwartzem kleid und Erd!

Triumf! Gott schmükket uns! Triumf! mit kron- und throne!

Der Glauben hat doch nun gesigt!

Di gantze Welt wil fast darüber starren!

Jehovah gab durch Jesus den Triumf!


[213] Hoxdonisches Willkommen,

Als er den 10 October zum Höllgrafen nach Hofdon wider nach 15 wochentlichen Badhorsereien kommen, vorgefallen; zum nachklange bekräfftiget.


1.

Himmel und Erden wird eher zerbrechen,

Eh si dich länger, O Kühlmann, solln schwächen!


2.

Ja, Ja! der Himmel bricht vor dich in Gotteskampff,

Wi er Elien vormals brach!

Di flammen fahren ab zum wunder aller welt.

Ja, Ja! Di Erde reisst zum allgemeinen schrekken,

Wi si dem Mosen vormals ris!

Si schlukket ein, di Gotteswerk verschlukkt!

Di Erde wird dem Herrn gantz unterthan!

Das jauchtzen schallt in ider Nation!

Der Himmel und di Erd erbrechen neu vor freuden!

Gottloben wirdwarist der Völker einges End.

Quelle:
Quirinus Kuhlmann: Kühlpsalter, Band 2 (Buch 5–8 u. Paralipomena), Tübingen 1971, S. 209-214.
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