4. Die böse Frau.
Mündlich aus Groß-Kreutz bei Brandenburg.

[268] Es war einmal ein Mann, der war gar klug, denn er verstand die Sprache der Thiere, aber so klug er auch war, so konnte er doch seine böse Frau nicht recht im Zaum halten. Nun traf sich's einmal, daß er in seinem Hofe saß und dem Gespräche der Thiere zuhörte, da das aber grade einen gar lustigen Gegenstand betraf, lachte er laut auf und das sah seine Frau. Nun drang sie mit großer Heftigkeit in ihn, denn sie war auch gar neugierig, er solle ihr doch erzählen, worüber er gelacht[268] habe, allein so gern er es auch gemocht hätte, um sie nur zufrieden zu stellen, so durfte er es doch nicht, denn es hätte ihm sonst sein Leben gekostet. Er schlug es ihr daher ab, aber dadurch wurde das Weib nur um so ungeduldiger und jähzorniger und überhäufte ihn mit vielen Schmähungen und Vorwürfen, und sagte, daß er immer Heimlichkeiten vor ihr habe; so ging's von einem Tage zum andern, so daß der Mann zuletzt ganz traurig und betrübt wurde und mit gesenktem Haupte daher ging, indem er sann, wie er es wohl ändern könnte. Da ging er auch in den Hof, und sah, wie der Hahn lustig umherlief und sein lautes »Kikeriki« erschallen ließ, der Hund aber war ganz still und sprach zum Hahn: »Wie kannst du nur so lustig sein, da doch unser Herr so traurig ist wegen seines bösen Weibes, das ihm keine Ruhe läßt.« Ich denke, entgegnete der Hahn, es wird sich wohl noch mit ihm ändern, er braucht sich ja nur an mir ein Beispiel zu nehmen, ich habe über hundert Frauen, aber wehe der, die mir nicht gehorchen wollte, ich würde ihr augenblicklich die Augen aus dem Kopfe hacken; und er hat doch nur die eine und sollte nicht mit ihr fertig werden? – Das hörte der Herr mit Vergnügen an, denn er sahe ein, der Hahn habe Recht; er ging daher sogleich in sein Haus, nahm die Peitsche und hieb damit tüchtig auf seine Frau los, indem er sie fragte, ob sie noch Verlangen trage zu wissen, weshalb er gelacht habe. Da kroch sie sogleich zu Kreuze und hat nie in ihrem Leben wieder verlangt, ihres Mannes Geheinnisse zu wissen, und sie[269] haben von da an glücklich und zufrieden gelebt bis an ihr Ende.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 268-270.
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