2. Der verschwundene Tambour.
Mündlich.

[4] Von der Marienkirche in Stendal soll ein unterirdischer Gang nach dem alten Schlosse oder dem Hause des Kaisers führen, aber so oft man dies auch hat näher ergründen wollen, ist es doch immer wegen der bösen Dünste, die sich dort unten gesammelt, mißlungen. So hatte man einst einen schweren Verbrecher im Thurm sitzen, der war zum Tode verurtheilt, deshalb machte man ihm den Vorschlag, ob er den Gang untersuchen wolle, und fände er sein Ende, so solle ihm das Leben geschenkt sein. Das nahm er denn auch gern an, man gab ihm eine Trommel und er stieg in den Gang hinab und trommelte, wie verabredet war, immer zu, so daß man erfahren konnte, welche Richtung der Gang nähme. Das ging so eine Weile fort, doch nicht lange, so verstummte der Ton der Trommel und der Tambour ist nicht wieder zum Vorschein gekommen.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 4.
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