28. Die beiden Löcher auf dem Steine.
Mündlich.

[28] Dicht bei dem Dorfe Stöckheim liegt ein großes Steingrab, und der größeste der Steine, aus denen es besteht, ruht auf vier oder fünf anderen und zeigt oben einige halbkugelförmige Vertiefungen, die einen flacher, die andern tiefer, aber zwei derselben sind ganz besonders bemerkbar und hat es damit seine eigne Bewandniß. Da nämlich viel Moos auf dem Steine wächst, so überdeckt dies die meisten der Löcher, und auch diese beiden wachsen im Laufe eines Jahres zu; kaum ist das aber geschehen, so erscheinen auch schon wieder zwei neue,[28] bis auch diese wieder zuwachsen und abermals sich zwei frische zeigen. Und so gehts fort; aber kein Mensch weiß, wie die neuen Löcher jedesmal in den Stein kommen. Nur das ist bekannt, daß ein Untereerdschken aus Salzwedel, welches viel in der hiesigen Gegend, die reich an solchen Steingräbern ist, gesehen wurde, unter diesem gewaltigen Steinblock gewöhnlich sein Nachtlager aufschlug. Zuletzt ist es in Rohrberg, einem in der Nähe gelegenen Dorfe, dadurch zu Tode gekommen, daß es von einem Hausdach stürzte, wo es geschlafen hatte.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 28-29.
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