33. Der Lütkemüller.
Mündlich.

[33] Unweit des hannöverschen Ortes Wittingen liegt die Lütkemühle, von wo alle die herstammen, die den Namen Lütkemüller führen, und deren sind viel in der Gegend. Das ist nun schon lange, lange her, da wohnte dort der erste des Namens, dem ging es gar traurig, und wie er so einmal in seinen trüben Gedanken dahinging, begegnet ihm der Teufel, fragt ihn, warum er den Kopf so hänge. Da erzählt ihm der Lütkemüller sein Elend, und der Teufel sagt, er wolle ihn zum reichen Mann machen, denn er solle eine ganze Wiege voll Geld haben, wenn er ihm das geben würde, das ihm zuerst entgegenkäme, sobald er in sein Haus zurückkehre. Darüber war der Lütkemüller nicht wenig erfreut, denn sein kleines Hündlein sprang ihm[33] immer, wenn er ins Haus trat, zuerst entgegen, und so wurden sie denn des Handels einig. Eilig ging er nun nach Hause, aber wie erschrak er, als ihm diesmal statt des Hündleins sein kleiner Sohn voller Freude entgegenlief, den faßte der Teufel auch alsobald und ging mit ihm von dannen, aber der Lütkemüller bekam auch die große Wiege voll Geld, die ihm versprochen war. Doch er konnte nun seines Reichthums nicht froh werden, da er so schrecklich erkauft war, und baute zuletzt, um sein Gewissen zu beruhigen, den Dom zu Magdeburg dafür. Daher bekommen denn auch die Lütkemüller noch bis auf den heutigen Tag, wenn sie confirmirt werden, sechszehn Thaler, und wenn einer von ihnen studirt, funfzig Thaler, und haben noch mehr dergleichen Einkünfte aus der Domkasse, weil das Geld, das jetzt der Dom besitzt, eigentlich ihnen zugekommen wäre.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 33-34.
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