48. Der Mahrt.
Mündlich.

[47] Wenn einer im Schlafe wimmert und ächzt, auch schreien möchte und es doch nicht kann, so drückt ihn[47] der Mahrt. – So ging es oft einem Bauer aus Grävenitz, der gewaltig von ihm geplagt wurde; da nahm er sich denn vor, einmal recht aufzupassen und ihn zu fangen; das gelang ihm auch und er sah nun, daß er vier Beine hatte und ganz wie ein gewöhnlicher Marder gestaltet war. Allein er mußte ihn doch nicht recht fest gefaßt haben, denn plötzlich entschlüpfte er wieder, und ist nun zur großen Plage des Bauern noch öfter zurückgekehrt, ohne daß es möglich gewesen wäre, ihn zum zweiten Male zu fangen.

Ein anderer Bauer zu Wolterschlage, zwischen Osterburg und Werben, verstopfte, als ihn auch einmal der Mahrt drückte, schnell alle Löcher, die der Zimmermann in der Stube gelassen hatte, fing ihn so und sah nun, daß es ein hübsches junges Frauenzimmer war. Die bat ihn gar beweglich, daß er sie nicht verrathen möge, dann wolle sie ihn auch heiraten. Das that er und sie lebten nun eine lange Zeit glücklich und zufrieden, bekamen auch viele Kinder mit einander. Aber eines Tages erzürnten sie sich, und den Mann überwältigte der Zorn, daß er ausrief: »Was wäre denn aus dir geworden, wenn ich dich nicht erlöset hätte!« Kaum hatte er das gesagt, da geschah ein fürchterlicher Knall und augenblicklich war seine Frau verschwunden und ist nie wieder gekommen.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 47-48.
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