49. Der müde Drachen.
Mündlich.

[48] Oft sieht man lange feurige Streifen des Nachts am Himmel, das ist der Draak oder Drachen, der durch die Luft zieht.

Eines Morgens draschen in Grävenitz zwei Knechte in einer Scheune, und da es Winterszeit war, so war es noch ganz finster, da wurde es plötzlich hell wie am Tage, und sie bemerkten, daß der Schein vom Hofe herkomme, eilten daher hinaus, weil sie glaubten, es sei Feuer. Da hörten sie denn, daß etwas so recht schwer in den Schweinetrog fiel, und ordentlich, wie ein Thier das trinkt, mit der Zunge schnalzte; nach wenigen Augenblicken erhob sich auch eine Feuermasse, und zog, ohne irgend einen Schaden angerichtet zu haben, durch die Luft von dannen. Da wurde ihnen denn klar, daß dies ein Drachen gewesen sei; der mußte wohl zu viel Waizen geladen haben, weshalb er Durst bekommen und den im Schweinetrog gelöscht hatte.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 48-49.
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