235. Die Theerbutte am Thurm.
Mündlich.

[250] Durch ein in der Nähe von Mohrin gelegenes Dorf fuhr einst ein Bauer mit seiner kranken Tochter, und[250] grade wie er mitten im selben bei der Kirche ist, bricht ein Rad am Wagen, und er sieht sich genöthigt, liegen zu bleiben. Vor Zorn und Unmuth darüber rief er: »I so möge doch gleich der Teufel kommen und den Wagen fortbringen!« Allein kaum war auch nur das letzte Wort verhallt, so kam der Böse daher, nahm den Wagen auf und flog mit ihm durch die Luft davon. Da saß nun die arme Tochter des Bauern und wußte in ihrer Noth nicht, was sie anfangen sollte; doch fiel ihr noch zuletzt ein gutes Mittel bei, sie fing nämlich aus Leibeskräften an zu beten, sich zu bekreuzen und Gott anzurufen, so daß der Teufel endlich alle seine Macht über den Wagen und sie verlor, und sie zulegt sanft auf die Erde niedersetzte. Aus Zorn über die verlorene Beute nahm er aber die Theerbutte des Wagens und stülpte sie umgekehrt auf dem Kirchthurm des Dorfes; dort könnt ihr sie noch heute sehn, doch müßt ihr das Dorf erst suchen.

Quelle:
Adalbert Kuhn: Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben. Berlin 1843, S. 250-251.
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