186. Räuber Danneil.

Mündlich von einem Kuhhirten aus Röderhof, einem Schäfer aus Schwanebeck und einem Bürger aus Halberstadt.

[159] Im Huy beim Kloster Huyseburg hat sich vor langen Jahren ein grausamer Räuber, Namens Danneil, aufgehalten, der hat sich dort mit seinem Bruder eine Höhle gebaut, und da er selbst ein Schmied, sein Bruder aber ein Steinhauer gewesen, so ist ihnen das Werk auch rasch von Statten gegangen. Als es nun fertig gewesen, hat Danneil zum Dank seinen Bruder erschlagen, damit er ihn nicht verrathen könne, und nun raubte er sicher von hier aus in der ganzen Umgegend. Zu dem Ende hat er namentlich weithin durchs Holz bis nach der Landstraße hin Bindfäden gezogen, an welchen in seiner Höhle Glocken befestigt[159] waren; stieß nun einer an dieselben, so stürzte er rasch zu Pferde hervor und plünderte denselben und brachte den Raub in seine sichere Höhle; damit man aber seine Spur nicht finden könne, hatte er dem Pferde die Hufe verkehrt aufgeschlagen, und so leiteten die Spuren, wenn er oben in seiner Höhle gewesen, hinab, und wenn er ausgegangen, wiesen sie hinauf. Namentlich aber stellte er den Mädchen nach; die schleppte er mit sich in seine Höhle, und wenn sie dann Kinder gebaren, hängte er diese in den Bäumen auf, daß es ein gräßlicher Anblick war. So hat er auch einmal eine gefangen, die ist volle sieben Jahre bei ihm gewesen und hat ihm müßen die Wirthschaft führen; aber zuletzt hat sie es nicht mehr mit ansehen können, wie er so eins ihrer Kinder nach dem andern aufgehängt, und da ist sie ihm endlich entflohn. Nach Tische nämlich pflegte Danneil immer seinen Kopf in ihren Schoß zu legen, da mußte sie ihn lausen, worüber er gewöhnlich einschlief. Da hat sie sich denn eines Tages die Tasche voll Erbsen gesteckt und als er schlief, seinen Kopf sanft auf den Boden gelegt und ist davongeeilt nach Huyseburg, welches kaum eine halbe Stunde von der Höhle entfernt ist, und hat während ihrer Flucht den ganzen Weg entlang die Erbsen verstreut. Als sie nun schon eine Weile fort ist, da erwacht Danneil und sieht sie eben auf dem Berge in's Kloster gehen; da wirft er wüthend sein Meßer hinter sie her und hätte sie auch getroffen, wenn sie nicht grade in dem Augenblick in die Klosterpforte getreten wäre; so aber fuhr das Meßer in die Thür und da hat man die Spur desselben noch lange Jahre sehen können. Mit Hülfe der auf den Weg gestreuten Erbsen hat man nun Danneil's Höhle gefunden und da hat er sich denn in derselben eingeschloßen; er hatte sie aber so gut verwahrt und sich auch mit Lebensmitteln versehen, daß man ihm[160] lange nichts hat anhaben können. Da hat man denn heißes Waßer durch ein Loch, das man von oben hineingehauen, hinuntergegoßen, aber das hat Daneil abgezapft; endlich aber hat man aus heißem Waßer und Erde einen Dreckbrei bereitet und den hineingeschüttet und so ist der Räuber endlich zu Tode gebracht worden.

Andre erzählen, das Mädchen sei nicht nach Huyseburg, sondern nach Dingelstädt geflohen und er habe sein Meßer nach ihr geworfen, als sie eben ins Thor zu Dingelstedt getreten sei. In Halberstadt aber erzählt man, er habe das Mädchen schwören laßen, ihn keinem Menschen zu verrathen; nachdem sie nun volle sieben Jahre bei ihm gewesen, da habe er ihr erlaubt, einmal nach Halberstadt zu gehen, um einzukaufen. Da sei sie denn in die Stadt gekommen und habe ihr schweres Leid einem Ofen geklagt und ihm gesagt, wo Daneils Höhle sei; da sei man denn hingegangen und habe ihn durch Dreckbrei getödtet.

Quelle:
Adalbert Kuhn / W. Schwartz: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Leipzig 1848, S. 159-161.
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