76. General Sparr.

Mündlich aus Prenden.

[74] Der General Sparr ist bei seinen Lebzeiten ein großer Zauberer gewesen und das kam daher, weil er einen Bund mit dem Teufel gemacht hatte. So hat er denn z.B., wenn er Fische aß, die Gräten in einen Napf gespieen, Wasser[74] darauf gegoßen und sogleich sind sie lebendig gewesen wie zuvor. Auch durch die Luft flog er dahin, über Wälder und Seen, und namentlich sah man ihn oft von seinem Schloße in Prenden, das er sich auf's künstlichste mit einer Zugbrücke, die zu einer nahen Anhöhe führte, erbaut hatte, nach Lichterfelde, das ihm ebenfalls gehörte, fahren. Mal sah ihn ein Bauer eben aus dem Prendenschen Schloße fahren und folgte mit seinem schwer beladenen Ackerwagen dicht hinterher, da gings auf einmal in die Höhe und der Bauer fuhr immer hinter drein. Da gings denn wie im Sturm über Feld und Wald, bis sie endlich wieder auf ebener Erde still hielten. Der alte Sparr hatte das aber übel vermerkt, drehte sich schnell um und sagte, indem er dem Bauer ein Paar tüchtige Maulschellen gab: »Diesmal habe ich dich noch so mitgenommen und du kamst glücklich davon, aber versuch's nicht wieder!«

Ein ander Mal fuhr er auch so durch die Luft, da fiel dem Kutscher die Peitsche aus der Hand und blieb am Kirchthum zu Biesenthal hangen, er wollte sich bücken, um sie aufzuheben, aber da hielt ihn der alte Sparr zurück und sagte: »Bedenke, mein Sohn, wo du sitzest!« und da sind sie denn weiter gefahren. Die Peitsche soll aber noch lange nachher am Biesenthalschen Kirchthum zu sehn gewesen sein.

Als es nun endlich mit dem alten Sparr zu Ende gegangen, da hat er lange gelegen und hat nicht leben nicht sterben können; endlich haben sie ihm denn die Fußsohlen aufgeschnitten und dort die Oblaten gefunden, die er beim Abendmahl genoßen; sobald sie die aber herausgenommen, ist auch seine Seele sogleich davongefahren.

Kaum war er aber todt, da ließ sich um Prenden unaufhörlich die wilde Jagd hören und ließ den Leuten[75] fast keine Nacht Ruhe. Da begegnete es auch mal einem Bauer, daß er das Hallo und Jagdgeschrei hörte und in seinem Uebermuthe mit einstimmte; aber alsbald wurde es still und eine Stimme rief:


Hast du helfen jagen,

Sollst du auch helfen tragen.


Und sogleich flog ihm eine Menschenlende auf den Rücken, an deren Fuß noch ein Schuh mit einer Schnalle saß, auf welcher der Name dessen, dem sie gehört, zu lesen war. Schnell warf er seine Last ab, aber das half nichts, sie saß ihm sogleich wieder im Rücken, und so viel er sich auch mühte mit Abwerfen, er konnte sie nicht los werden. Da rieth ihm einer, er solle sie doch nach dem Wildkeller des Sparrschen Schloßes tragen, das that er und wurde sie auf diese Weise glücklich los.

Quelle:
Adalbert Kuhn / W. Schwartz: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Leipzig 1848, S. 74-76.
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