Die Verjüngung.

[183] Ja doch! wie man wieder jung, schön und gesund obenein werden kann, daran hat man denn nun wohl schon in der uralten Heiden- und Griechenwelt gedacht, nur ist es kein einzigs Mal damit gut und glücklich abgegangen, ein einziges Mal ausgenommen, weil Jemand das Kunststück machte, der es gar ordentlich und genau verstand.

Da der Herr noch je zuweilen auf Erden wandelte, strich er auch einmal mit Sankt Petern herum, und kehrt' zur Erholung in eine Schmiede ein, wo er gar willig und gern ward aufgenommen.

Da kommt ein armer Bettelmann, gedrückt und gebückt, von Hunger und Kummer, von Alter und Sorgen, und bat um ein Almosen.

»Wo hat dirs denn gefehlt, du lieber armer Mann? sprach der Herr, gütig und freundlich.«

»Ach Gott, antwortet traurig der Bettler, es hat mir immer so an Allem gefehlt; doch ging es ja ziemlich leidlich gut, als ich noch jung war, obwohl oft des Hungers viel mehr war, als der Speise. – Ja wer noch jung wäre und rüstig! – Aber nun muß ich ja Almosen bitten!«

»Sollst wieder jung werden und rüstig,« der Herr zum Bettler sprach, und zum Schmidt sprach er: »Laß mich deine Esse gebrauchen, mein Schmidt!«[184]

»Ja sprach der Schmidt, das vergönn ich Euch gern, lieber Herr. – Gebraucht Euch meiner Eße, so viel Ihr mögt und wollt.«

Da mußte der Petrus Kohlen herbei tragen, und die Schmiedebälge recht tüchtig anziehen, so daß er ordentlich dabei schwitzte, weil es gar ungewohnte Arbeit ihm war.

Und als nun die Glut gar gewaltig und hoch war, und ordentlich Flammen spielte, ergriff der Herr den kleinen, armen, alten Bettelmann mit einer tüchtigen Zange, und steckt ihn ins Feuer. Der Schmidt und seine Schwiegermutter sahen zu, und dachten, der Mann müsse verbrennen, und getrauten sich doch nichts zu sagen, weil ihnen Alles so seltsam und wunderbarlich an dem fremden Manne vorkam.

Ja doch! der Mann lobte vielmehr Gott den Herrn mit lauter Stimme, und sang wie eine Lerche, weil ihm in der Feuersglut so gar sehr wohl war, und sprach, er säße im Feuer so wie man nach schwüler Hitze im kühlen Thau sitze.

Das wunderte sie Alle.

Und als das arme Männlein ganz durchglüht war, zog es der Herr wieder mit der großen Zange heraus, und löschte es im Löschtrog ab, wie man Stahl ablöscht, wenn er fein hart und auf die Dauer werden soll.

Der arme alte Mann ging als ein Jüngling von dannen, mit Lob und Dank. Da wollte nun die alte Schwieger des Schmidtes die das Alles mit hatte angesehen, mit ihrer verrunzelten Haut auch gern wieder jung werden, und dachte, dann würde sie Jedermann lieb haben; – und nachdem der Herr weggegangen war, bat sie den Schwiegersohn, der auch Alles gut gesehen und recht aufgepaßt hatte, er solle es mit ihr grad eben so machen, wie der Fremde mit dem Bettlersmann.[185]

»Nun, machen will ichs recht gern, sprach der Schmidt zu der Alten, denn Ihr wißt schon, daß wir Euch Alle lieb haben; nur helf Gott, daß es gelingt!«

Und damit legte er Kohlen zur Eße, ließ die Schmiedebälge ziehen, und steckte die Schwiegermutter in die angehende Glut. Es weiß Niemand, warum es nicht gerathen ist. Aber das weiß man, daß die alte Frau bald anfing erbärmlich zu schreien, und daß sie der Schmidt in der Angst heraus kneipte mit der großen Kneipzange, und sie nach aller Kunst im Löschtrog ablöschte.

Geholfen hatte es aber gar nichts. Die alte Frau wimmerte und jammerte, und war die Haut voll Brandblasen geworden.

Freilich man muß nicht nur nachahmen, sondern selbst Meister sein, wenn es soll gut in irgend einer Kunst gehn.

Quelle:
Johann Andreas Christian Löhr: Das Buch der Maehrchen für Kindheit und Jugend, nebst etzlichen Schnaken und Schnurren, anmuthig und lehrhaftig [1–]2. Band 1, Leipzig [ca. 1819/20], S. 183-186.
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