20. [32] Marcus Curtius stürtzet sich selber in einen tieffen Schlund.

Wie vor vielen Jahren zu Rom die verderbliche Pestilentz hefftig regierte / daß viel tausend Leute wegsturben / und mitten auf dem Marckte das Erdreich geborsten / und eine grosse Klufft darinnen worden war /aus welcher heraus rauchete ein böser stinckender Qualm. Da ist den Römern durch ein Oraculum angezeiget / daß wann ein junger Römischer Edelmann sich darein lebendig stürtzen würde / so würde sich die Höle zuthun / und die gifftige Pest-Seuche aufhören. Da hat sich gefunden ein verwegener junger Gesell / Marcus Curtius, welcher begehret / man solle ihm alles vergönnen / und nach Belieben schalten und walten lassen / so wäre er bereit in das Loch zu springen. Solches ist ihm verwilliget / und nachdem er nun mit Fressen / Sauffen / Spielen und Unzucht eine Zeitlang übel gehauset / ist er zu Pferde gesessen / und hat sich mit vollen Sprüngen in den Abgrund der Hölen hinein gestürtzet. Alsbald hat das Loch sich zugethan / da man ein jämmerliches Heulen vernommen / auch die Pestilentz so bald darauf nachgelassen.


Mancher laufft nach seinem eigenen Verderben / und stürtzt sich ins Unglück / ja gantz in die Hölle.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 32-33.
Lizenz:
Kategorien: