92. Von Magneten und Diamanten.

[161] In der Natur seynd Wunderwercke / die man zwar täglich mit den Augen schauet / aber derer Ursachen seynd schwer zu erforschen. Aus vielen wil ich nur etliche wenige anzeigen. Der Magnet zeucht nicht allein das Eisen an sich / sondern wendet sich auch allezeit recht nach dem Nord-Pol / er sey an welchem Ort der Erden er wolle. Die erste Tugend Eisen an sich zu ziehen / haben die Alten auch erkannt / und wol gewust: Aber die andere Krafft nach dem Norden sich zu lencken / ist erstlich für 300. Jahren der Welt bekannt worden. Gleichwie der Magnet das Eisen an sich ziehet / also ziehet die Naphtha (ist ein Geschlecht von fetten Feuchtigkeiten / davon anderswo /) die Flamme an sich / und der Bernstein / wann er gerieben wird /das Stroh. Unter den Edelgesteinen ist der Diamant der fürnehmste / von dessen Härtigkeit schreibet und saget man / daß er durch keinen Hammer oder Amboß kan entzwey geschlagen werden; sondern wann er in Bocks-Blut geleget werden / so erweiche er. Solches aber ist falsch. Denn die Goldschmiede können den Diamant mit einem geringen Hammerschlag zu Stücken bringen / und wann er auch 2000. Jahr[161] in Bocks-Blut läge / wird er doch nicht weich. Nichts destoweniger ist er so hart / daß er mit keiner Grabstichel oder Feil kan verletzt werden. Und wann er schon in ein Feuer geleget würde / so groß als eine Stadt / und läge darin 1000. Jahr / so verbrenne er doch nicht / sondern bleibe so gut als er zuvor war.


Viel Dinge in der Natur seynd uns noch verborgen. Dann sie ist eine unerforschliche Quelle. Je weiter wie graben / je tieffer wir kommen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 161-162.
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