Verschiedene Deutung
1.

[257] Sieh, wie des Niagara Wellen

Im Donnerfall zu Staub zerschellen,

Und wie sie, sprühend nun zerflogen,

Empfangen goldne Sonnenstrahlen

Und auf den Abgrund lieblich malen

Den farbenreichen Regenbogen.

O Freund, auch wir sind trübe Wellen,

Und unser Ich, es muß zerschellen,

Nur stäubend in die Luft zergangen,

Wird es das Irislicht empfangen.


2.

»Trüb, farblos waren diese Fluten,

Solang sie noch im Strome wallten;

Sie mußten vielfach sich zerspalten,

Daß sie aufblühn in Farbengluten.

Nun fliegt ein jeder Tropfen einsam,

Ein armes Ich, doch strahlen sie

Im hellen Himmelslicht gemeinsam

Des Bogens Farbenharmonie.«

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 257-258.
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