4. Stimme des Kindes

[288] Ein schlafend Kind! o still! in diesen Zügen

Könnt ihr das Paradies zurückbeschwören;

Es lächelt süß, als lauscht es Engelchören,

Den Mund umsäuselt himmlisches Vergnügen.


O schweige, Welt, mit deinen lauten Lügen,

Die Wahrheit dieses Traumes nicht zu stören!

Laß mich das Kind im Traume sprechen hören

Und mich, vergessend, in die Unschuld fügen!


Das Kind, nicht ahnend mein bewegtes Lauschen,

Mit dunklen Leuten hat mein Herz gesegnet,

Mehr als im stillen Wald des Baumes Rauschen;


Ein tiefres Heimweh hat mich überfallen,

Als wenn es auf die stille Heide regnet,

Wenn im Gebirg die fernen Glocken hallen.

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 288.
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