Ohne Wunsch

[309] Ja, mich rührt dein Angesicht

Und dein Herz, das liebevolle,

Aber, Mädchen, glaube nicht,

Daß ich dich besitzen wolle.


Kamst mir durch die Seele wie

Ein süßholdes Lied gedrungen,

Aber wie die Melodie

Mußt du wieder sein verklungen.


Meine Freuden starben mir

In der Brust, bestürmt, gespalten,

An den Bahren könnten wir

Nur mit Grauen Hochzeit halten.


Ein zu trüber Lebensgang

Führte mich an steile Ränder,

Kind, mir würde um dich bang,

Flieh, es krachen die Geländer!

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 309-310.
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