Vierte Szene

[147] In Dresden.

Donna Diana. Babet.


DONNA. Hast du's gehört? Gustav mit ihm nach Naumburg gefahren.

BABET. Ich kann noch nicht zu mir selber kommen.

DONNA. Was ist da zu erstaunen, Närrin! was kannst du Bessers von Mannspersonen erwarten? Giftmischer Meuchelmörder alle –

BABET. Er Sie vergiften lassen? Gütiger Gott! warum?

DONNA. Warum? närrisch gefragt! darum, daß ich ihn liebte, ist's nicht Ursach genug? – – – Ach halt mir den Kopf! schnüre mich auf! es wird mir bunt vor den Augen – so – wart – keinen Spiritus Schreit. keinen Spiritus!

BABET. Gott im Himmel! Sie werden ja ohnmächtig.

DONNA mit schwacher Stimme. Was geht's dich an, wenn ich ohnmächtig werde. Richtet sich auf. So! nun ist's vorbei. Geht herum. Nun bin ich wieder Diana. Schlägt in die Hände. Wir wollen dich wieder kriegen, wart nur! wart nur! Das, liebe Babet! das kannst du dir nimmer einbilden, was er angewandt hat, mich zu verführen. Da waren Schwüre, daß der Himmel sich drüber bewegte, da waren Seufzer, Heulen, Verzweiflung. Fällt ihr um den Hals. Babet, ich halt es nicht aus! hab Mitleiden mit mir. Wenn der Teufel in Menschengestalt umherginge, er könnte nichts Listigers ausdenken, ein Mädchenherz einzunehmen. Und nun will er mich vergiften lassen, weil ich meinen Vater ihm zu Gefallen vergiftet, meine Mutter bestohlen, entehrt bin, geflüchtet bin, von der Gerechtigkeit verfolgt, o! – vielleicht hat meine Mutter schon an Hof geschrieben, mich als eine Delinquentin aufheben zu lassen.

BABET. Beruhigen Sie sich, teure gnädige Frau! das hat sie[147] nicht getan, nein gewiß, das wird sie nicht tun, sie weiß wohl, daß sie selber mit schuld an diesem Unglück ist, sie hat Sie Ihren Eltern gestohlen.

DONNA steht auf. Still davon! ich hab dir's ein für allemal verboten. Lieber meinen Vater umgebracht haben, als die Tochter eines alten abgedankten Offiziers heißen, der Pachter von meinem Gemahl ist. Wie sieht sie aus, die Wilhelmine? Der Himmel hat sich versehn, wenn er sie zu einer Velas machte, ich verdient es zu sein, und du tatst recht, daß du das Ding in Ordnung brachtest.

BABET. O mein Gewissen!

DONNA. Wie sieht sie aus, geschwind! ein schön Pachtermädchen –?

BABET. Schön genug, ein Herz zu fesseln, ein paar Augen, als ob der Himmel sich auftät.

DONNA. Das ist recht: wenn er mich für einen häßlichen Affen tauschte, wär's ihm gar nicht zu vergeben. Aber hat sie Adel im Gesicht, hat sie Donna Velas in den Augen?

BABET. Würden die Eltern sie dann vertauscht haben? Eine Stumpfnase – der selige Herr rührte drei Tage keinen Bissen an. Aber als ich Sie von meiner Freundin bekam, das ist ein Velas-Gesicht, schrie er, die Adlernase soll mir den Weg zu einem Thron bahnen und mit den zwei Augen erschlag ich den König von Portugal.

DONNA. Nur still, daß ich adoptiert bin, oder es kostet dein Leben. Das Herz will ich dir mit der Zunge zum Mund herausziehn, wo du redst. Ich muß den Grafen zurückbringen und dann nach Madrid zurück. Ich will deine Prophezeiung wahr machen, armer vergifteter Papa! so hast du doch Freud im Grab über mich. Meiner Mutter die Juwelen zurück, damit sie still schweigt und denn – – ist hier noch Feuer genug?


Sieht sie an.


BABET. Die Welt in Brand zu stecken. Aber werden Sie den Grafen zurückbringen?

DONNA. Den Grafen? Elende! O pfui doch! zurückwinken will ich ihn, den Schmetterling, und will er nicht,[148] so hasch ich und zerdrück ihn in meiner Hand. Seine Güter sind doch mein, er ist mir rechtmäßig angetraut, ich kann Kontrakt und Siegel aufweisen.

BABET. Schonen Sie die arme Wilhelmine.

DONNA. Ei was Schlägt sie. Hexe! was träumst du? werd ich meine Gewalt an Pachtermädchen auslassen? Kot von Weib! wofür hältst du mich?

BABET. Aber wenn der Graf –

DONNA. Was? wenn der Graf – red aus, wenn der Graf – wenn er sie liebt, wenn er sie heiratet – ich will ihn verwirren, verzweifeln, zerscheitern durch meine Gegenwart. Wie ein Gott will ich erscheinen, meine Blicke sollen Blitz sein, mein Othem Donner – laß uns unterwegens davon reden, es ist mir Wonne, wenn ich davon reden kann. Er soll in seinem Leben vor keinem Menschen, vor Gott dem Allmächtigen nicht so gezittert haben – die verächtliche Bestie! Wenn ich nur in Madrid wäre, ich ließ' ihn in meinem Tiergarten anschließen!


Quelle:
Jakob Michael Reinhold Lenz: Werke und Schriften. Band 2, Stuttgart 1965–1966, S. 147-149.
Lizenz:
Kategorien: