2.
Das Vertrauen auf Gott

[11] Ich weiß nichts von Angst und Sorgen,

Denn, erwach' ich jeden Morgen,

Seh' ich, daß mein Gott noch lebt,

Der die ganze Welt belebt.


Dem hab' ich mich übergeben,

Er mag auf mich Achtung geben,

Er ist Vater, ich das Kind,

Meinem Vater folg' ich blind.


Ich bins so gewohnt von Langem,

Unverrückt an ihm zu hangen.

Wo ich bin, da ist auch er,

Wenn es auch bei'm Teufel wär'.


Toben Stürme, Unglücks-Wellen,

Wenn die Feinde noch so bellen,

Bin ich ruhig, denn mein Gott

Half mir noch aus aller Noth.


Und wenn auch die Noth am größten,

Eben recht, so dient's am besten:

Wenn die Wege wunderlich,

Gehn sie immer seliglich.


Wenn du willst an Ihm verzagen,

Dich mit eitlen Sorgen plagen,

Ei so sag' nicht, daß du bist

Gotteskind, ein wahrer Christ.[12]


Der aus Nichts die Welten machte

Unser Gott im Himmel sagte:

Ruf' mich an, so führ' ich dich,

Helf' dir, und errette dich.


Gott hat Jesum uns gegeben,

Daß wir möchten durch Ihn leben:

Jesum, Seinen lieben Sohn,

Sandte Er vom Himmelsthron.


Er ist unser Fürst geworden,

Er soll helfen aller Orten,

Denen, die sich Seiner freu'n,

Und ihr Herz der Liebe weih'n.


Wird denn Der dich lassen sterben,

Der dich hat gesetzt zum Erben?

Der für dich geschmeckt den Tod?

Gott bleibt immer Gott, dein Gott!


Hoffe nun, steh' fest im Glauben,

Laß dir nichts die Hoffnung rauben;

Ließe dich dein Fürst in Noth,

Würd' Er selbst der Feinde Spott.

Quelle:
Jakob Michael Reinhold Lenz: Gedichte, Berlin 1891, S. 11-13.
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