73.

[190] Als jüngst Amalia zu ihrem Prinzen reiste,

Und Vater Zevs vernahm, daß sie die Nacht dort speiste:

Gab er dem Sonnengott, und dieser seinem Sohn

Die Ordre zur Illumination,

Zwar, wie man denken kann, Apoll nach langem Plagen,

Doch er war einmal nicht gemacht was abzuschlagen.

Und Junker Phaëton versprach auf Ehre nun

Zur Rettung seines Ruhms sein Aeußerstes zu thun.


Der klettert denn herum, packt Wolken aufeinander

Daß einem bang wird, krängelt wie Mäander

Die Wurst zu seinem Blitz voll Colofonium

Um seine Donnerfäßer rum.


Dann strich er sich das Kinn, und lehnte

Auf eine Wolke sich voll Selbstgenuß und dehnte

Sich überm ganzen Himmelssaal,

Stolz wie Apollo selbst auf Zeuxes Piedestal.

In beiden Händen Donnerlunten

Guckt sorglos das Original

Nach der Prinzessin Wagen drunten,

Der Läuffer klatscht ihm das Signal.


Sie kommt – er sieht – sie kommt – nur wieder aufzustehen

Vergißt er als er sie gesehen,

Er hält die Lunten hinterrücks

An einem Blitz, und augenblicks

Geht – ha mit einem erbaulichen Stoß

Raketen, Feuerräder und Töpfe,

Und Pulverwürste und Katzenköpfe,

Der ganze Plunder mit einemmal loß,

Und schröckte Schöpfer und Geschöpfe.[191]


Nun stelle man Vater Zevs sich vor,

Dem dies zum zweitenmal arrivirte,

Daß solch ein Geck ihn kompromittirte,

Und doch nicht die Geduld verlor.

Was war zu thun? die tollen Flammen

Er regnete sie all zusammen,

Befahl dem Junker aufzustehn,

Auf tausend Jahre in Arrest zu gehn,

Und gab die Consigne den himmlischen Wachen:

Inskünftige, wenn die Herzogin her

Von Tibur führe, wolle Er

Allzeit das Feuerwerk selber machen.

Quelle:
Jakob Michael Reinhold Lenz: Gedichte, Berlin 1891, S. 190-192.
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