Drittes Bruchstück

Das Projekt

§1

[784] Selbstverlag und Subskription bleiben.


§2

Der Schriftsteller läßt auf seine Unkosten drucken; aber die Subskription geht lediglich durch die Hände der Buchhändler.


§3

Der Schriftsteller tut förmlich Verzicht, durch seine Freunde, die seine Buchhändler sind, Subskribenten sammeln zu lassen. Es wäre denn an Örtern, die kein deutscher Buchhändler wohl ablangen kann, oder wo sich etwa Buchhändler fänden, die aus bloßem Neide, weil sie nicht alles haben sollten, lieber gar nichts möchten.


§4

Aber wie viele werden deren sein, sobald der Vorteil, den sie von Einsammlung der Subskribenten haben, nicht beträchtlicher ist, als er bisher gewesen. Und das soll er sein.


§5

Man teile also den Preis, den das Buch haben soll (von dessen Billigkeit weiter unten) in drei Teile. Ein Dritteil für den Druck, ein Dritteil für den Verfasser, und ein Dritteil für den Buchhändler, bei dem die Liebhaber unterzeichnen.


§6

Das Dritteil für den Druck ist so reichlich gerechnet, daß das Buch mit aller typographischen – wo nicht Pracht, doch Sauberkeit erscheinen kann. Und da der Autor selbst drucken läßt: so ist nicht zu vermuten, daß er aus schmutziger Gewinnsucht es daran werde fehlen lassen. Was ja daran noch Überschuß sein dürfte, lasse man ihn für Briefporto, für Spedierkosten bis Leipzig, wo das Werk ausgeliefert wird, und dergleichen rechnen.


§7

[785] Das eigentliche Dritteil für den Verfasser ist anzusehen, als ob es auf den Preis für den zu verarbeitenden rohen Stoff verwandt würde, und versteht sich ja wohl von selbst.


§8

Endlich das Dritteil für den Buchhändler, welchem billigen Manne könnte das nicht genügen? Besonders da ich annehme, daß der Buchhändler Risiko ganz und gar nicht dabei haben muß; und Mühe nur wenig.


§9

Denn was braucht der Buchhändler mehr, als daß er die Ankündigungen, die ihm der Verfasser zuschickt, an seine Kunden auf die gehörige gute Art verteilet und versendet? Die Exemplare erhält er in Leipzig, wo er ohnedies hinreiset, oder doch seinen Kommissionär hat. Die wenigsten seiner Kunden, wenn sie wissen, mit wem sie zu tun haben, werden sich auch schwerlich weigern, ihm gegen die Messe die Subskription in Pränumeration zu verwandeln, damit er auch nicht einmal nötig hat, die Auslage auf der Messe von seinem Gelde zu machen.


§10

Denn das ist allerdings nötig, daß auf der Messe gegen Erhaltung der Exemplare sogleich bare Bezahlung geleistet werde. Der Schriftsteller kann nicht borgen; und nur darum opfert er einen so ansehnlichen Teil seines Gewinnstes auf, damit ihm alles erspart werde, was das Zeit versplitternde Detail des Kaufmanns erfodert: Buchhalten, Mahnen, Einkassieren u. dergl.


§11

Was könnte denn auch gegen diese bare Bezahlung noch sonst eingewendet werden, da der Buchhändler nicht nötig hat, sich mit einem einzigen Exemplare mehr zu beladen, als bei ihm besprochen worden? Und wenn ihm auch von seinen Kunden die Subskription in Pränumeration nicht verwandelt[786] worden: welcher Kaufmann wird nicht gern Geld nach Leipzig führen, das er mit 33 Prozent wieder zurücknehmen kann?


§12

Wäre es nicht vielmehr zu wünschen, daß sich der ganze Buchhandel auf diese Art realisieren ließe? Ein großes, glaub ich, könnte dazu beitragen, wenn sich irgend Jemand eines Ankündigungs-Journals unterzöge, in welchem alle diejenigen Verfasser, deren Werke in dem Meßcatalogo auf die künftige Messe versprochen werden, eine umständliche Nachricht erteilten. Eine solche Selbstankündigung, in welcher sich jeder Schriftsteller gewiß von seiner besten Seite zeigen würde, wäre gleichsam das Wort, bei welchem er künftig gehalten würde, und müßte Liebhabern und Gelehrten wohl angenehmer sein, als eine erschlichene oder selbstgemachte Rezension im Posaunenton, wenn das Buch schon da ist, und so vielen daran liegt, daß es mit guter Art unter die Leute kommt. – – –

Fußnote

1 Juvenal. VII. 83 sq.


Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 5, München 1970 ff., S. 784-787.
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