Zweites Bruchstück

Nachdruck

[784] Daß der Nachdruck unbillig sei, daß der Nachdrucker sich schämen sollte, zu ernten, wo er nicht gesäet hat, und der faulen Hummel gleich über den Honig der fleißigen Bienen herzufallen: wer leugnet das? Aber was hilft das, dem Nachdruck zu steuern?

Freilich, wenn Deutschland unter einem Herrn stünde, welcher der natürlichen Billigkeit durch positive Gesetze zu Hülfe kommen könnte und wollte!

Aber bei dieser Verbindung unter Deutschlands Provinzen da die menschlichsten das Principium haben, des baren Geldes so wenig als möglich aus ihren Grenzen zu lassen: wer wird ihren Finanzräten begreiflich machen, daß man allein den Buchhandel unter dieses Principium nicht ziehen müßte?

Sie sagen: Wenn ein populärer Gellert so allgemein gelesen wird: was für ein Recht gibt das seinem Sächsischen Verleger, die Brandenburgischen und Österreichischen Staaten in Kontribution zu setzen?

Als der Sächsische Verleger seinem Verfasser einen traurigen Dukaten für den Bogen bezahlte: konnte er sich da wohl vorstellen, damit eine so wichtige Kux erkauft zu haben? Warum sollen seinen unerwarteten Wucher nicht Mehrere teilen? – –

Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 5, München 1970 ff., S. 784.
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