88.

Hand und Finger, ein Vorbild brüderlicher Einigkeit

[202] Ieder Finger an der Hand

Hat sein Maß und seinen Stand;

Ieder hilfft dem andren ein;

Keiner wil sein eigen seyn.

Brüder, die deß Blutes Pflicht

Hat in einen Bund gericht,

Was dann wolln sich diese zeihn,

Wann sie eigennützig seyn?

Wann sie das gemeine Heil

Messen ab nach eignem Theil?

Wann ein ieder drauff nur denckt,

Wie der ander sey gekränckt?

Wann der andre steigen wil

Hin auff dem, der nieder fiel?

Wetten wil ich, daß ihr Thun

Gantz auff Mißgrieff wird beruhn.

Quelle:
Friedrich von Logau: Sämmtliche Sinngedichte, Tübingen 1872, S. 202-203.
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Die tapfere Wahrheit. Sinngedichte. Insel-Bücherei Nr. 614
Sinngedichte / Von Logau, Friedrich (German Edition)