Inhalt

Des Fünfften Buches.

[496] Die Gleichheit der Gemüther / welche einen nicht wenigern Zug hat als andere gewisse Verwandnüß unter sich habende Dinge / bringet auch vor dißmal den Feld-Herrn / Hertzog Flavius / Jubil / Arpus / Catumer / Rhemetalces und Malovend in Begleitung der Thußnelde / der Königin Erato / Ißmene und Saloninen in des verwundeten Zeno Zimmer zusammen. Dieser wüntschet dem Feld-Herrn über den erhaltenen Sieg und der erlöseten Thußnelde vielfältiges Glück /kommet zugleich auf das im Traum zu seiner Genesung dienende wunderbare Gesichte; Salonine und Rhemetalces aber auf den Schluß: daß das Pflaster der Liebe allen andern Gesundheits-Kräutern vorzuziehen. Der Feld-Herr giebet Beyfall und bestätiget: daß offtmals der Krancken feste Hoffnung der Hand des Artztes zu Hülffe komme / gebrauchten Kräutern frembde Kräffte zuwüchsen / und die Einbildung allerhand Kranckheiten und Gebrechen zu heilen / ja so gar in Bildung der Geschöpffe die Natur zu bemeistern mächtig sey. Fürst Zeno kommt auf Veranleitung der liebreichen Erato auf die Erzehlung seines Ursprungs / Auferziehung und Ankunfft nach Sinope /dahin ihn die Hinterlistigkeit des Armides geführet /und zur erfolgenden Vermählung dem Könige Ariobarzanes in die Hände gespielet / darzu denn alsbald alle Zubereitungen im Tempel gemacht / der König in seinem Vorsatz von des Zeno Vater dem Polemon unterstützet; die Königin Dynamis aber wegen der ihr hierinnen bewusten Heimligkeit / der vermeinten Arsinoe / in höchstes Bekümmernüß gesetzet wird. Diese Arsinoe ist in der Kindheit zu Rom gestorben /und in das Begräbnüß des Großvaters Mithridates geleget / nachmals unter dessen Person Zeno auferzogen worden. Polemon erschrickt über diesem von der Dynamis ihm geoffenbahrten Sohne als einer Schlangenbrut / wil ihm auch im Tempel das Schlacht-Messer in Leib stossen / wenn ihn nicht des Priesters Arm daran verhindert. Polemon und Dynamis streiten hierauf mit einander über dem Haß und Liebe / ob solche nur von der blossen Einbildung / oder von einem geheimen Triebe der Natur herrühren / darinnen sie das unvermeidliche Verhängnüß entscheidet / die Dynamis nebst dem Zeno aber aus dem Tempel ins Gefängniß bringet / in welches der wütende Vater Polemon mit einem blancken Dolche / den er von seinem Schutz-Geiste empfangen zu haben sich rühmet / einbricht / um seinen Sohn aufzuopffern / dessen Standhafftigkeit den Vater in Furcht und Verwirrung endlich aber zu der Entschlüssung bringet: daß er durch den Königl. Stadthalter Nicomedes der Dynamis die Freyheit / dem Zeno dagegen die augenblickliche Entfernung von Sinope ankündigen läst. Nicomedes erzehlet die dem Polemon im Schlaffe zugestossene Einbildung / und daß der von seinem Schutz-Geiste empfangene Dolch des Mithridates gewesen / mit mehrer Ausführung was von Träumen zu halten? Diese Erzehlung unterbricht Salonine durch Auflösung / der Wundbinden / und Prüfung des wolangeschlagenen neuen Pflasters. Worauf[497] alsbald Zeno wieder in der Erzehlung fortfähret: wie er in seiner gewöhnlichen Frauen Tracht von seinen zweyen Edelleuten vergesellschafftet zu Schiffe gegangen / in die berühmte See- und Handels-Stadt Dioscurias / um allda desto unkenntlicher zu seyn / geschiffet / von denen am Strome Hippanus und Tyras wohnenden See-Räubern angefallen / diese aber durch tapffern Widerstand endlich überwunden / und nach erobertem Schiffe fußfällig von denen Gefangenen in seiner Frauen Kleidung vor die Fürstin Arsinoe erkennet / ja als eine Schutz-Göttin verehret / die auf dem Raub-Schiff zugleich erlösete Panthasilea aber vor der Amazonischen Königin Minotyea Schwester und einzige Tochter des Albanischen Königs Zobers mit Hindansetzung ihres väterlichen Reichs gehalten worden. Er Zeno / weil er bey seiner verkleideten Gestalt den König der Meden und Armenier Ariobartzanes nicht hätte ehlichen wollen / hätte ihn der Pontische König Polemon aus allen seinen Reichen verbannet. Panthasilea versprichts mit Ausschüttung vieler Mitleidungs-Thränen ihn bey der Königin Minothea anzubringen. Hierauf kommt Flavius und Rhemetalces auf die Numidier alten Egyptier und andere Völcker / bey welchen die Männer den weiblichen / die Weiber aber den männlichen Verrichtungen obgelegen. Panthasilea erzehlet ihren Ursprung / und wie des deutschen Königs Alemanns als ihres Uhranherrns Tochter Vandala die erste Kämpfferin zu Pferde / ja aller Amazonin Mutter gewesen. Dieser sparsamen Liebes-Wercke in ihrer mit des Bojus Sohne Tanausis geführten Ehe; Ihre hertzhaffte Antwort und Tapfferkeit gegen den Egyptischen König Vexoras oder Sesostres in Iberien bey der Stadt Harmasis / allwo die Egyptier die gerüsteten Weiber vor eitel Gespenster angesehen / und nebst ihrem hierbey verwirreten Könige Hertz und Feld verlohren. Zum Zeichen dieses Sieges und vieler darauf folgenden Länder bauet ihr Vandala zwischen die Ströme Iris Thermedan ans Meer zu ihrem Königl. Sitze die Stadt Themiscyra; Tanausis aber nach Eroberung des kleinen Asiens / Syriens / Mesopotamiens und Assyriens Hirapolis und Bethsan / welcher guten Länder wegen die Gothen ihres kalten Vaterlands / ja Frauen und Kinder vergessen. Vandala setzet den überwundenen Sacken einem Scythischen Volcke ihre Base Zerina zur Königin vor / und führet dardurch auch bey den rauhen Meden die Amazonische Herrschafft ein. Sie eilet den Gotischen ihrer Männer entblösten Frauen in Cappadocien zu Hülffe /und giebet alsbald dem zweiffelhafften Siege an dem Fluße Iris seinen erwüntscheten Ausschlag / bauet dahin wegen ihrer unter währendem Kampffe aufgeflochtener Haarlocken die durch Grichische Redens-Art so benamte Stadt Komana / ingleichen der Kriegs-Göttin unter dem Nahmen der Taurischen Diana einen prächtigen Tempel / darinnen nachgehends Agamemnon seiner Tochter Iphigenie Opffer Meße aufgehoben. Die Gotischen Frauen tödten ihre zu Hauße gebliebene und der Schlacht sich entzogene Männer vollends / nehmen den Nahmen der Amazonen und die ersten Gesetze der Vandala an / welche ihnen die zwey tapffersten Frauen Marpesia und Lampeto zu Königinnen fürsetzet / diese brennen ihnen selbst / den Bogen desto besser zu gebrauchen / die rechte Brüste ab / und nennen sich Tochter des Kriegs-Gotts und der Diana. Endlich stirbt nach vielen Siegen in ihrem Reiche Vandala / und läst das Gedächtniß einer Göttin der Tapfferkeit hinter sich. Marpesiens sieghaffte Waffen biß in das Caucasische oder nachgehends nach ihr genennte[498] Marpesische Gebürge unterbricht ein Assyrischer Pfeil / ihre Tochter Gorgonia verfolget ihre Siege / von welcher die so genannten mit Schlangen behangene Gorgonische Schilde und Waffen den Nahmen bekommen / wird aber auch letzt durch Hinterlist vom Perseus erleget. Nach ihr herrschet die Königin Myrine / diese überwindet die Syrer durchs Schwerdt / die Cilicier durch Schrecken / bauet auch unterschiedene Städte / biß sie ebenmäßig in der Schlacht wider die Thracischen Könige umkommet. Lampeto und ihre Tochter Antiope wird nicht weniger sieghafft und in die Höhe eines so rühmlichen Urtheils gestellet: daß eine Amazone zu überwinden so wenig / als den Himmel mit Fingern zu erreichen möglich / und dem Hercules einer Amazonen Gürtel vor ein schwerers Werck / als das goldene Fell aus Colchis zu holen auferleget sey. Die von den Amazonen hart bekriegte und fast über den Hellespont getriebene Griechen bauen diesen ihren Feinden zum ewigen Gedächtniß die Stadt Amazonia auf. Panthaseleens Liebe gegen den König der Mysier Telephus des Hercules und der Auge Sohn bringet das Amazonische Reich in Aufstand; fällt aber doch gleichwol bald die aufs neue Troja beängstigenden Grichen wieder an / darunter die hertzhaffte Königin Tamyris dem Scythischen Könige Madyes wider den Cyrus zu Hülffe kommt / ihres erwürgten Sohnes Rhodobates wegen viel tausend Persen erleget / gegen den König selbst aufs grausamste wütet / und dardurch allen Völckern ein Schrecken einjaget / auch behauptet: daß kein ander als Königl. Geblüte ins künfftige den Thron betreten solle. Die Königin Thalestris sendet wider des Königs Artaxerxes Ochus verschnittenen Meuchelmör der Ochus Bagoas und den sich zum Könige aufgeworffenen Darius Codman tausend Amazonen / welche des Gotischen Königs Sitalces Tochter Syeda zwar hertzhafft führet / aber tödlich verwundet / vom Atropates gefangen / dem grossen Alexander verehret / und alldar dem die Großmüthigkeit der deutschen verfechtendem Fürsten Anthyr vermählet wird / mit dem sie wieder in Deutschland zurücke reiset. Zeno bekommt Nachricht von der Fürstin Thußnelde: daß diese zwey Helden-Leute nicht allein glücklich im Vaterlande ankommen / sondern ihnen auch die Heruler zwey steinerne Ehren-Bilder aufgerichtet / die Syeda als eine Ceres verehret / und ihr jährlich geopffert haben. Von diesem uhralten Stamm haben die noch heutiges Tages blühenden Hertzoglichen Wappen den Bucephals Kopff geerbet. Die Königin Thalestris wird vom Alexander mit List hintergangen / endlich gar von ihm geschwängert; die Königin Erato von der Fürstin Thußnelde zu einiger Erzehlung ihres Helden-Stammes / beyde aber dardurch gegen einander zu sonderbaren Höfligkeiten gebracht: biß endlich Rhemetalces von diesen Heldinnen /ingleichen von der hertzhafften Teuta ausführlicher zu erzehlen vom Zeno selbst ersuchet / auch vom Feld-Herrn darinnen unterstützet wird: wie ihr Vater Basan ein Sicambrischer König seinen einzigen Sohn Sedan wegen Ehbruchs getödtet / und dardurch Deutschland in Krieg verwickelt habe. Der Illyrier König Agron beut ihm seine Freundschafft und Beystand an: worauf König Basan mit seiner streitbaren Tochter Teuta / und zwar er durch seine Klugheit / die Fürstin mit ihrer Tapffer-König Agron durch seine Streitbarkeit den Feinden obsieget. Basan erlegt eigenhändig den König Thabor; Teuta den Heerführer der Sarmaten /und Agrons Heldenthaten bringen ihm die Vermählung der Teuta auf der Wahlstatt zu wege. Rhemetalces[499] fähret in Erzehlung der Illyrier und des sie bekriegenden klugen König Philipps in Macedonien / welcher zu aller benachbarten Fürsten geheimten Rathhäusern einen goldenen Schlüssel gehabt / und zu der grossen Welt-Beherrschung Alexanders den Grundstein geleget / weiter fort: an wen nemlich nach seinem Tode die Königl. Gewalt Illyriens verfallen; wie Eacidus König in Epirus aus dem Reiche verjagt; sein zweyjähriger Sohn Pyrrhus zur Aufopfferung von dem wütenden Volcke verfolget / endlich vom Glaucias dem König der Illyrier und seiner Gemahlin Beroe wider den Macedonischen König Cassander in Schutz genommen / und nebst seinen Söhnen auferzogen /letzt im zwölfften Jahr auf den väterlichen Thron gesetzet worden. Dem Glaucias folget sein Sohn Pleuratus / diesem aber der Hoffnungs-volle Agron der Teuta Ehgemahl / welche die Mydioner wider die unruhigen Etolier durch eine ansehnliche Gesandschafft um Hülffe anflehen. Teuta als ein Kriegsknecht verkleidet gehet ohne wissen des Königs zu Narona zu Schiffe / setzet in Etolien aus / erleget sie nebst dem Etolischen Zunfftmeister; kommt nicht allein mit reicher Beute / sondern mit noch grösserm Ruhme zurücke / weil ihr die Mydioner eine Ehren-Säule als ihrer Erlöserin aufsetzen. Uber dieser plötzlichen Freude stirbet ihr Ehgemahl Agron / und läst einen einzigen von einer Grichin gezeugten Sohn Nahmens Pines. Teuta herrschet in dessen Minderjährigkeit über die massen wol / demüthiget die sie antastende Eleer und Messenier / nimmt auch gar die Stadt Phoenitz in Epirus mit stürmender Hand ein / wird aber in vollem Siege wegen der erlangten Nachricht / daß die Insel Issa und die Stadt Epidamnus sich den Dardanern ergeben / zurück in Illyrien geruffen: da sie alsbald die Aufwiegler wiederum zum Gehorsam bringet / sich aber zu Rom über die den Meineydigen gethane Hülffe beschweret. Sie stöst den vom Eylande Isso abgeordneten Calemporus wegen seiner bey der Verhör allzuscharff gebrauchten Worte mit eigener Hand tod / den Römischen Gesandten aber läst sie im Rückwege hinrichten / zwey Stadt-Thore zu Dyrrachium erobert sie mit List / das Eyland und die feste Stadt Corcyra beko t sie zum Sieges-Preiße / welche der Römische Bürgermeister Cajus Fulvius durch gutes Verständniß mit dem Stadthalter wieder einnimt. Gleichwol erhält der Teuta Hertzhafftigkeit beyden Römern noch einen vortheilhaftigen Frieden /weiset Demetrium mit seiner an sie muthenden Liebe schimpflich ab / welcher sie als eine treulose Stief Mutter deßwegen bey der Tritevta des jungen Fürsten Pines rechten Mutter / hernach auch bey den Römern aufs neue verhasst macht: daß sie ihn zum Vormund erkieset / die unvergleichliche Königin Teuta aber durch ein paar überschickte gifftige Handschuch tödtet / und also den Demetrius durch ihre Vermählung zum Stiefvater / kurtz hierauf aber zu ihrem eigenen Meuchelmörder machet. Thußnelde und Erato stellen wechselsweise den Unterscheid zwischen der Tugend und dem Glücke oder Verhängnüße vor. Fürst Zeno verführet seinen von der Panthasilea erhaltenen Bericht / und wie des Gothischen Königs Coriso Amazonische Tochter Syrmanis durch List den Römern wieder entnommen; kommt hierauf auf die sonderbaren Merckmahle der Argonauten und den Tempel der Medea; Hertzog Herrmann aber wie diese insonderheit Hercules / Jason und Medea mit dem entwendeten goldenen Widder sich vor dem Colchischen Könige flüchten müssen; Fürst Zeno / wie er mit Panthasilea von Discurias aufgebrochen / zu Ampsalis[500] von denen Amazonen insonderheit der Königin Minothea empfangen / mit allerhand Lustbarkeiten und Jägereyen ergetzet worden / rühmet zugleich ihre Tugenden und grossen Reichthum. Der Königin Minothea und Panthasilea Liebe gegen den gefangenen Fürsten Oropastes / und dessen wiederum gegen den verkleideten Zeno. Oropastes lehnet der Königin Minothea Liebe durch ein der Göttin Diane gethanes Gelübde höfflich ab / verfällt aber durch der einen Hirsch verfolgenden Panthasilea nachdenckliche Antwort in das gröste Unglück / durch welches er seine Mannheit / wie Panthasilea die Augen / von der erzürnten Königin Minothea verlieren soll. Hertzog Herrmañ Jubil und Flavius nehmen hierbey Anlaß auf die Schönheit und Vortreffligkeit der Augen zu kommen. Fürst Zeno eröffnet dem Oropastes sein bevorstehendes Unglück und fliehet nebst der Schwester Syrmanis über die höchsten Gebürge. Sie finden in dieser ihrer Flucht allerhand Seltzamkeiten / ja vermöge der in Stein und Felßen alldar eingegrabenen Reimen und Lob-Sprüche gleichsam ein irrdisches Paradieß; daß auch Oropastes und seine Schwester Syrmanis ihr Leben allda zuzubringen sich entschlüssen. Diesen Fremdlingen erzehlet der Priester Meherdates ihren Gottesdienst /und sein der Königlichen Würde gleichendes Priesterthum. Fürst Zeno kommt wiederum auf seine zurück gebliebene Rede: wie er mit dem Oropastes und Syrmanis auf die Spitze des Berges Caucasus zu dem Tempel des Prometheus gereiset / wie hoch solcher sey / und was sie allda angetroffen / auch wie weit sie darauf ihr Augenmaaß getragen; was vor Herrligkeiten und Kunststücke sie in solchem Tempel angetroffen / und wie endlich sie der Priester in seine Höle zu einer köstlichen Blumen- und Kräuter-Mahlzeit eingeladen. Hierauf den Augenblick auch dem Hertzog Herrmann die bereitete Tafel angekündiget / dem noch schwachen Zeno zu Liebe aber in seinem Zimmer auf Römische Art nicht so wol der Schwelgerey als Beqvemligkeit wegen iedem auf einem Bette bey der Tafel zu speisen Anschaffung geschiehet. Dabey kommt der Deutschen Speise-Art nicht weniger auf den Teppich als die Speisen auf die Tafel / und die aufgetragenen fremden Fische geben zu mehrer Verwunderung Anlaß: daß gewisse Völcker Würmer /Heuschrecken / Nattern / Schlangen vor die besten Leckerbißichen halten. Die Tafel wird mit allerhand fremden Köstlichkeiten besetzet / die sie mit herrlichem Weine wie auch sonst allerhand Gesundheits-Wässern begiessen / und dabey von dem Gebrauch und Mißbrauch der starcken Geträncke denen darinnen Meister spielenden Völckern / von dem Unterscheid gekochter und ungekochter auch anderer Wässer / zu reden Gelegenheit nehmen. Diesen langwirigen Wortwechsel unterbricht bey aufgehobener Tafel das so gar ungemeine und von seiner Natur des Holtzes wunderbar gebildete Tischblat. Zeno kommt wieder auf den Priester Meherdates und den von ihm genommenen Abschied / auch / daß er wegen des zersprungenen Caucasus und des erst bewunderten Tempels Abstürzung nebst seiner Gefährten bald um sein Leben kommen / wie hier von nichts mehr / als des Prometheus beschriebener und an einer Seite zerschlagener Leichenstein / zu Verführung ihrer Reise aber wegen zerfallener Klippen fast kein Ausgang mehr übrig gewesen; nach ihren mühsamen und gefährlichen Auswickelung sie zum grausamen Strudel kommen / welcher das schwartze und Caspische Meer unsichtbar vereinigen / und solches Wunder ein vom Mithridates beschriebener Fisch / wie ein Delphin zwischen dem Caspischund[501] Persischen / dem rothen und Mittel-Meer / der West- und Ost-See gethan /denen Einwohnern entdecket haben soll. Zeno / Oropastes und Syrmanis erlittener hefftige Sturm auf dem Caspischen-Meer / und Syrmanis dabey mit unterlauffende Ungedult / wie nicht weniger ihre wunderbare Errettung; die Furcht vor den Scythen und die ihnen aufgebürdeten Kriegsdienste; ihre Verhör vor dem Könige Huhansien am Fluße Ganges; dessen sein Aufzug / Art und Kleidung; seine Freundlichkeit und grosses Versprechnüß; sein schneller Brückenbau über den Fluß Ganges; die Ankunfft an die Serischen Gräntzen / dieser elende und dürre Beschaffenheit /der Scythen daher verursachte er bärmliche Durstleschung. König Huhansien argwohnet der Syrmanis Geschlecht / ja dieser / der mit Uberwindung des Serischen Reichs schwanger gehet / wird ein Gefangener der Liebe / die ihm seine gute Vernunfft als einen Wetzstein der Tapfferkeit vorstellet. Fürst Zeno wird von einem Scythischen Fürsten des Serischen Reichs Beschaffenheit nebst der Ursache des gegenwärtigen Krieges verständiget / und daß unter ihren Königen vornemlich Hoangti und Yvas die Erfinder vieler himmlischen und fast aller Handwercks-Künste wären / weßwegen sie auch von den Inwohnern hochgehalten und lebendig vergöttert worden: Massen die Wohlfarth des Reichs ins gemein von frommen und verständigen Fürsten als ein unausbleiblicher Seegen zu hoffen. Alexanders des Großen in Asien am Fluße Hyppanis aufgebaute und theils zu seinem Ruhm /theils zu seiner Verkleinerung überschriebene Altäre. Die 300. deutsche Meilen oder 10000. Serische Stadien lange Mauer vom Könige Tschin oder Fius am Ost-Meer erbauet. Der Serer und Scythen eingepflantzte Widrigkeit so groß: daß diese beyde Völcker auch nicht auf einerley Art in Mutterleibe zu liegen /und gebohren zu werden gewohnet. Die Europeer werden von allen hoffärtigen Serern nur einäugicht /die andern Völcker alle aber vor blind gehalten. Die Sud-Tartern im Königreich Nackia unterwerffen sich der Serischen Bothmäßigkeit / und bringen zum Zeichen ihres Gehorsams diesen Königen jährlich eine weisse Phasan-Henne. Der Sud-Tartern hefftige Niederlage auf dem Berge In vom Serischen Feldhauptmann Gveicing erlitten; ihre Gewohnheit beym Sebel und der Nacht-Eule zu schweren so heilig als das Pallas-Opffer der Athenienser. Die mächtige Stadt Siucheu am Fluße Kiang von redenden Papegoyen berühmt wird durch eine dieser Vögel ungläubliche Propheceyung zur Ubergabe gebracht. Von diesen und dergleichen wahrsagenden Vögeln kommt Zeno wiederum auf der Serer Land / und ausgehauenen Wunder des Berges Fexao und Tunghuen. Der Serer Lebens-Art gibt ihnen Anlaß zu überlegen: ob die Weltweißheit bey den Waffen stehen könne? Hartes Gefechte zwischen beyden Königen Huhansien und Ivan; des ersten gefährliche Verwundung / dessen tödtlicher Streich von der Syrmanis siegreichen Händen / die ihr durch gewisse Abgesandten deßwegen angetragene Königliche Würde nimmt sie mit höchster Bescheidenheit an. Der Serer Meinung von Beschaffenheit der Seelen und der Gemüths-Ruh. Ihr vornehmstes Geschencke 12. im gantzen Königreich ohne Maal und Flecken ausgelesene und mit den köstlichsten Edelgesteinen gezierte Jungfrauen an den König Huhansien /die er aber als ein teutscher Fürst hertzhafft ausschlägt / und hierdurch diese zur Verlobung ewiger Jungfrauschafft / sich aber in die Liebe der Syrmanis /die er nunmehr aus vielen[502] Kennzeichen vor die Weltberühmte Tochter des Königs Catisons urtheilet / versetzet / sie auch alsbald der Landes Art nach auf entblösten und geschrenckten Scythischen Sebeln vor die Königl. Braut ausruffen / wie nicht weniger den Getischen König durch Gesandten insonderheit den Oropastes um die Einwilligung ansuchen läst. Huhansien vergist bey der Liebe nicht seine Siege; er erobert die fast unüberwindliche Stadt Hamfung durch Sturm /den Fürst Zeno krönet er wegen der ersten Ersteigung und Tödtung des Serischen Helden Pingli mit Lorbern / welche ihm aber von den verzweiffelten Serern bald hier auf mit Blute gefärbet / Huhansien und Syrmanis auch selbst dabey / iedoch mit erhaltener Wahlstatt verwundet werden. Diese beyde kommen nebst dem Zeno bey Betrachtung des Wunder- oder Frauen-Berges Yonin auf die in Stein und Holtz befindlichen seltzamen Bildungen der Natur / insonderheit macht dieser letzte auf Befehl des Königs mit seinen bey sich habenden Scythen ihm Berg / Klippen und Steine wegsam / daß sie die Feinde auch mehr für Götter als Menschen ansehen. Hertzog Hermann lobet am Zeno die Mäßigung seiner hierdurch erlangten Ehren-Maale / weil ein vernünfftiger Diener niemals aus seinen Thaten ihm einen Ruhm erzwingen / sondern alles der Leitung seines Fürsten zuschreiben solle. Mit Eroberung der Stadt Qvanchung wird ihnen auch der alle andere der gantzen Welt übersteigende Königliche Schatz zu Theil. Ivens Leiche auf Königs Huhansiens Befehl nebst einer in Jaspis gegrabenen herrlichen Grabschrifft nach der Serer Art in ihrer Ahnen Grufft prächtig beygesetzt / um zu zeigen: daß sich auch die gerechteste Rache nicht über eines Feindes Tod erstrecken solle. Huhansien wird um Frieden angeflehet / solcher auch durch den hierzu Gevollmächtigten Zeno mit erwüntscheten Bedingungen beschlossen. Fürst Zeno und Hertzog Herrmann halten an der ungemeinen Fruchtbarkeit des Gebürges Lie / welches wegen des frommen Xuno weder Dornen noch Unkraut tragen soll / wahr zu seyn: daß die Frömmigkeit der Fürsten einem gantzen Lande Seegen / seine Laster aber Göttliche Straffen zuziehe. Der weltweise Cheucung wird wegen seiner sonderbaren Geheimnüße / insonderheit wegen der entdeckten Krafft des Magnets / den sie den Hercules. Stein nennen / bey den Seerern Göttlich verehret / das Bild des Flußes Kiang aber gleich dem Rhodischen Sonnen-Colossus nebst seinen denckwürdigen Uberschrifften der Haupt-Stadt Suchem / des Königlichen Sitzes Moling und Porcellanenem Thurme vom Zeno mit gröster Verwunderung betrachtet / seine öffentliche Verhör aufs prächtigste vorgenommen / und der auf seidenes Pappir geschriebene Friedens-Schluß vom Serischen Könige ihrer Art nach beschworen / endlich der Gesandte mit vielen Geschencken an den König Huhansien wieder abgefertiget. Seine Zurückreise über die reiche Handelstadt Uching und Schlangen-Gebürge Kutien an die von ihm mit Sturm eroberte feste Stadt Junchhang / und endlich wiederum ins Königl. Lager Huhansiens. Luckiang der weißen Elephanten Enthaltniß / dieser ihre Kämpffens-Art / und von diesen dem Zeno zugestossene Gefahr; Seine eingewurtzelte Liebe gegen die Königin Erato vertreibet alle vom Huhansien und denen Indianern ihm angetragene Glücks- und Ehren-Strahlen. Perimals gefangene Gemahlin wird durch vielmal sie überwiegende Perlen und Edelgesteine von ihren Unterthanen ausgelöset /auch noch so viel ihrer Erlösung wegen von den Früchten dieses unschätzbaren Landes ihren Göttern und den[503] Armen gegeben. Zeno berichtet / wie er der Indianer Weiber sich so freudig mit ihren verstorbenen Männern auf dem Holtzstoß verbrennen sehen /und dieses alles aus einem verborgenen Egyptischen und Brahminischen Gottesdienst / davon wie auch von Wanderung der Seelen ihnen der Priester Zarmar viel Erzehlungen machet. Zeno erlegt bey dem goldreichen Eylande Catucaumene ein von seltzamer Gestalt sich dem Schiffe näherndes Seeweib / überläst dardurch dem klugen Nachdencken der Welt: was von Syrenen oder dergleichen Meer-Wundern zu halten? Des Käyserlichen Stadthalters Cornelius Gallus zu Heliopolis mit einer allzu ruhmräthigen Uberschrifft von ihm selbst aufgerichtete Sonnenspitze lehret: daß alle neblichte Neben-Sonnen / welche ihre rechte Fürsten-Sonne überscheinen wollen / sich in vergängliche Regentropffen verwandeln müssen. Die Anlendung in der herrlichen Krocodil-Stadt bey dem Behältnüß des fruchtbaren Nils / und dem dabey befindlichen vom Könige Meris erbauetem wunderwürdigen Irrgebäu. Der Nilus führet sie von einem Wunder zum andern /und also auch von dar nach Memphis zu den alten Grabe-Spitzen / dem sieben Wundern der Welt / oder vielmehr zu den zerfallenen Uberbleibungen der Eitelkeit. Die Gesandtschafft langet über Babylon zu Marmacus in der Samischen Sybillen Geburts-Orte glücklich an / in dessen vornehmsten Tempel sie das ertztene Bild der Ceres und Pythagoras des vollkommensten Weltweisen und halb-Gottes mit allerhand sinnreichen Uberschrifften nebst seinen eifrigen Nachfolgern antreffen; kommen von dar auf die Insel Paris zum schönen Tempel des Pallas / nachgehends an den Munychischen und Pyreischen Haafen zu denen noch sichtbaren Merckmahlen des raaserischen Sylla / biß sie die Begierde vollends zu Theseus Tempel / zum Grabe Menanders und Euripides / ja zu dem Heiligthume des vergötterten Socrates führet / dessen Porphyrenes Bild und Grab sie mit einer Hand voll Narcissen und Hiacynthen verehren. Der Gesandten Ankunfft; Käysers Augustus prächtiger Einzug in dem Augapffel Grichenlands der aller Künste und Weißheit vollen Stadt Athen, dabey der Käyser in Gestalt des Saturns und anderer Götter; Livia der Astrea und Ceres; beyde endlich aus Gold in des Jupiters und Juno Stelle gesetzet werden. Alle Tempel müssen dar geöffnet und den Göttern von wegen des Gottes Augustus geopffert / Ringen / Rennen / alle ersinnliche Lust- und Schau-Spiele begangen seyn. Des Indianischen Gesandtens Verhör beym Käyser / von da er an den tugendvollen Höfling und Staats-Mann Mecenas des Käysers Schooßkind zum Bescheid verwiesen wird. Ihr Gespräch bey der Tafel über die gesunden und ungesunden Speisen; des Käysers persönliche Besuchung; Mecenas eröffneter Bilder-Saal; seine Freygebigkeit gegen die Indianischen Gesandten; deren erkenntliche Danckbarkeit durch allerhand mitgebrachte und von der Natur wunderbarer weise gebildete Seltzamkeiten / darüber sich Mecenas kaum so sehr erfreuen / als Zeno sich über dessen scharffsinnigem Prometheus vergnügen kan. Nach Maselipals abgelegter Verhör werden ihnen alle Gedächtnüße der Stadt Athen / insonderheit die Tempel mit ihren Heiligthümern und Gottesdienste der alles in sich begreiffenden geschleyerten Isis gezeiget. Die Gesandschafft vom Zarmar zu des Plato Grabe und seiner von den Spartanern allein unverletzten hohen Schule geführet. Zarmars Lehre gegen die Atheniensischen Weltweisen insonderheit den sich vor andern herfürthuenden[504] Cheremon von Beschaffenheit der Seele und einem einzigen Göttlichen Wesen: die er auch mit Aufopfferung seines zeitlichen und Erwartung eines glückseligern bewehret. Seine Asche wird zu Athen als ein Heiligthum verwahret / Masulipat beurlaubet; Zeno aber wegen seiner entbehrten Erato als ein umirrender Stern in Griechenland gelassen / iedoch nicht gar aus dem Creiße der Vernunfft und vorsichtigen Klugheit geleitet.

Quelle:
Daniel Caspar von Lohenstein: Großmütiger Feldherr Arminius, Erster Theil, Leipzig 1689, S. 496-505.
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