II.

1DEnn es sind rohe Leute / vnd sagen / Es ist ein kurtz vnd müheselig ding vmb vnser Leben / Vnd wenn ein Mensch dahin ist / so ists gar aus mit jm /So weis man keinen nicht / der aus der Helle widerkomen sey. 2On gefehr1 sind wir geboren / vnd faren wider dahin / als weren wir nie gewest. Denn das schnauben in vnser Nasen ist ein rauch / Vnd vnser Rede ist ein füncklin / das sich aus vnserm hertzen regt. 3Wenn dasselbige verlosschen ist / so ist der Leib dahin / wie ein Loderassche / Vnd der Geist zufladdert / wie eine dünne lufft. 4Vnd vnsers namens wird mit der zeit vergessen / das freilich niemand vnsers Thuns gedencken wird. Vnser Leben feret dahin / als were ein Wolcke da gewest / vnd zergehet wie ein Nebel / von der Sonnen glantz zutrieben / vnd von jrer hitze verzeret. 5Vnser zeit ist / wie ein Schatte dahin feret / Vnd wenn wir weg sind / ist kein widerkeren / Denn es ist fest versiegelt / das niemand widerkompt. [165a]


6WOl her nu / vnd lasset vns wolleben / weils da ist / vnd vnsers Leibs brauchen / weil er jung ist. 7Wir wöllen vns mit dem besten Wein vnd Salben füllen / Lasst vns die Meyenblumen2 nicht verseumen. 8Lasst vns Krentze tragen von jungen Rosen /ehe sie welck werden. 9Vnser keiner las jm feilen mit brangen3 / Das man allenthalben spüren müge / wo wir frölich gewesen sind / Wir haben doch nicht mehr dauon / denn das.


10LAsst vns den armen Gerechten vberweldigen /vnd keiner Widwen noch alten Mans schonen. Lasst vns der alten Greisen straffe nicht achten. 11Was wir nur thun können / das sol recht sein / Denn wer nicht thun kan was jn gelüst / der gilt nichts. 12So lasst vns auff den Gerechten lauren / Denn er macht vns viel vnlust / vnd setzet sich wider vnser Thun / vnd schilt vns / Das wir wider das Gesetze sündigen / vnd ruffet aus vnser wesen fur sünde. 13Er gibt für / das er Gott kenne / vnd rhümet sich Gottes kind / 14strafft was wir im hertzen haben. 15Er ist vns nicht leidlich /auch anzusehen / Denn sein Leben reimet sich nichts mit dem andern / vnd sein wesen ist gar ein anders. 16Er helt vns fur vntüchtig / vnd meidet vnser Thun /als einen vnflat / Vnd gibt fur / wie es die Gerechten zu letzt gut haben werden / vnd rhümet / das Gott sein Vater sey.

17SO lasst doch sehen / Ob sein wort war sey / vnd versuchen / wie es mit jm ein ende werden wil. 18Jst der Gerecht / Gottes son / so wird er jm helffen / vnd erretten von der hand der Widersacher. 19Mit schmach vnd qual wöllen wir jn stöcken / das wir sehen / wie from er sey / vnd erkennen / wie gedültig er sey. 20Wir wöllen jn zum schendlichen Tod verdamnen / Da wird man jn kennen an seinen worten.


21SOlchs schlahen sie an / vnd feilen / Jr bosheit hat sie verblendet / 22das sie Gottes heimlich Gericht nicht erkennen. Denn sie haben der Hoffnung nicht /das ein heilig Leben belohnet werde / Vnd achten der ehren nichts / so vnstreffliche Seelen haben werden. 23Denn Gott hat den Menschen geschaffen / zum ewigen Leben / vnd hat jn gemacht zum Bilde / das er gleich sein sol / wie er ist. 24Aber durchs Teufelsneid / ist der Tod in die Welt komen / 25Vnd die seins teils sind / helffen auch dazu.


1 Das ist / Wir werden geborn on Gottes Versehung oder Rat.

2 Das ist / Vnser schönen frischen Jugent / ehe wir alt vnd vntüchtig werden / Vtendum est etate etc.

3 Jm sause leben.


Quelle:
Martin Luther: Die gantze Heilige Schrifft Deudsch. 2 Bände, München 1972.
Lizenz:
Kategorien: