An Frau Luise Walther, geb. v. Breitschwert

[842] zu ihrem Hochzeitstage


Wie manchen Morgen, frisch und wohlgemut,

Im lichten Sommerkleid, Feldblumen auf dem Hut,

Trat sie bei uns, die edle Freundin, ein,

Und wie sie kam, da war es Sonnenschein!


Als ob sie weiter gar nicht wollte oder wüßte,

Nur daß sie jedermann zur Freude dasein müßte,

So lebte sie in klarer Gegenwart,

Neidlos bei andrer Glück, die Lachende, die Feine;

Doch heimlich sah ich's oft in ahnungsvollem Scheine

Hoch über dieses Scheitels Reine

Wie einen sel'gen Stern, der seiner Stunde harrt.


Nun ist's geschehn! und mit verklärtem Blicke

Von ihres Lebens Gipfel lächelt sie;

Es war geschehn, kaum weiß sie selber wie,

Denn jäh erfüllen sich die himmlischen Geschicke.


Quelle:
Eduard Mörike: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1, München 1967, S. 842.
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