8. Am Kirnberg

[835] Hinter dem Bandhaus1 lang hin dehnt sich die Wiese nach Mittag,

Längs dem hügligen Saum dieser bewaldeten Höhn,

Bis querüber ein mächtiger Damm sich wirft wie mit grünem

Sammet gedeckt: ehdem faßte das Becken den See,

Welcher die Schwelle noch netzte des Pförtleins dort in der Mauer,

Wo am eisernen Ring spielte der wartende Kahn.

Sah ich doch jüngst in der Kirche das Heiligenbild mit dem Kloster[835]

Hinten im Grund: tiefblau spiegelt der Weiher es ab.

Und auf dem Schifflein fahren in Ruh zwei Zisterzienser,

Weiß die Gewänder und schwarz, Angel und Reuse zur Hand.

Als wie ein Schattenspiel, so hell von Farben, so kindlich

Lachte die Landschaft mich gleich und die Gruppe mich an.


Fußnoten

1 Küferei und Speicher.


Quelle:
Eduard Mörike: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1, München 1967, S. 835-836.
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