[HIer müssen frische myrthen stehn /]

HIer müssen frische myrthen stehn /

Mein fuß soll itzt auff rosen gehn /

Das glücke soll mir selber betten /

[446] Denn die / so meine seele liebt /

Und der mein hertze sich ergeibt /

Bindt mich mit allzu-schönen ketten.


Sie zeigt die schätze ihrer gunst

In gleicher glut / in gleicher brunst /

Ihr blut entdecket die gedancken /

Hier leg ich meine freyheit hin /

Weil ich ihr leibs-gefangner bin /

Ihr will sey mein ziel in schrancken.


Der frühling ihrer besten zeit /

Voll anmuth / voller lieblichkeit /

Giebt meinen geistern neues leben /

Ich seh' auff ihrem wangen-rund /

Und dem so schönen zucker-mund

Die Gratien leibhafftig schweben.


Komm / schönste / meiner seelen licht /

Laß mich aus deinem angesicht

Des hertzens wahre meynung lesen:

Ich weiß von deiner edlen treu /

Daß ihr nichts vorzuziehen sey /

Nich iemahls etwas gleich gewesen.


Laß und / weil es der himmel schafft /

Und wir noch voll blut und safft /

Der liebe nectar-strohm geniessen;

Den bund / der uns zusammen fügt /

Und beyder hertz und sinn vergnügt /

Besiegelt ein empfindlich küssen.


Du bist mein stern / mein paradeiß /

Und was ich nicht zu nennen weiß /

[447] Der kern und ausbund meiner seelen /

Es soll in diesem leib und blut

Stets brennen meiner liebe glut /

Bis zu den finstern grabes-hölen.


Alleine hör / was Venus spricht /

Mein engel / und mein augen-licht /

Sie will nicht bloß mit worten spielen;

Sie ladet uns zun wercken ein /

Und heißt uns da geschäfftig seyn /

Die heissen flammen auszukühlen.


Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 401-402,446-449.
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