Die Ratte

[20] Eine dicke dunkelbraune Ratte

nagt des Nachts an meinem Rückenmark,

und an meine Glieder hängt sich eine matte

dumpfe Schwere.

Wüßt ich nur, wie ich der Ratte wehre!

Wären meine schlaffen Sehnen stark!

Doch umsonst: all meine beste Habe,

alles, was ich war und was ich hatte,

nagt sie, knabbert sie in sich hinein. –

Trägt man mich dereinst zu Grabe,

senkt mich kraftlos, saftlos in das Erdreich ein,

folgt, ich wett, als erste dem Gebein

trauervoll und dankbar eine satte

dicke dunkelbraune Ratte.

Quelle:
Erich Mühsam: Ausgewählte Werke, Bd.1: Gedichte. Prosa. Stücke, Berlin 1978, S. 20-21.
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