Mein Gemüt brennt heiß wie Kohle

[22] Mein Gemüt brennt heiß wie Kohle.

Könnt ich's doch durch Verse kühlen!

Ach, ich berst fast von Gefühlen,

doch mir fehlen die Symbole.


Weltschmerz, banne meine Nöte!

Weltschmerz, den so oft ich reimte.

Tückisch greint die abgefeimte,

schleimig-weinerliche Kröte.


Laster, die mich erdwärts leiten,

gebt mir Verse, zeigt mir Bilder!

Satan lacht und läßt nur wilder

Höllen mir vorüberreiten.


Helft denn ihr, soziale Tücken!

Mußt durch euch ich viel verzichten – –

seid auch Spender! Laßt mich dichten!

Doch sie stechen nur wie Mücken.


In des Monds verfluchtem Scheine

such ich und im Alkohole; – –

alles quält mich; doch Symbole,

ach, Symbole find ich keine.
[22]

Aus. Vorbei. – – Ich war ein Dichter. – –

All mein Sehnen, all mein Hassen

ist vom Genius verlassen. – –

Leben, zeig mir neue Lichter! ...


Mag mich denn die Liebe trösten,

Mutter meiner besten Schmerzen.

Strahlend stehn in tausend Kerzen

die Symbole, die erlösten.

Quelle:
Erich Mühsam: Ausgewählte Werke, Bd.1: Gedichte. Prosa. Stücke, Berlin 1978, S. 22-23.
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