2.

[299] Jetzt gibt es keine Unterersche mehr, der wilde Jäger ließ ihnen keine Ruhe. Da haben sie zuletzt den Fährmann in Lübeck angenommen, daß er sie über das große Wasser (die Ostsee) setze. Einer von ihnen machte den Akkord und ehe sich's der Fährmann versah, war das ganze Schiff grimmelnd und wimmelnd voll von Untererschen, die alle mit wollten. Sie bezahlten aber gut und die Familie des Mannes hat noch ihren Reichtum von der Zeit her.

Als sie noch ihr Wesen hier hatten, konnte man in einem Hause in Stocksee durchaus keine Kälber groß ziehn, sie starben immer in den ersten Tagen. Da kam einmal, als die Leute wieder eins zugesetzt hatten, eine ganz kleine Frau heraus und sagte: »Leute, Kälber könnt ihr hier nicht groß ziehn, ich habe mein Bett gerade unter dem Stall. Wenn der Addel (die Mistjauche) herunterläuft, muß das Kalb sterben.« Da verlegten die Leute den Stall und das Unglück hörte auf.

Auch in Sebelin sind einmal mehrere Unterirdische hinter den Kühen im Kuhstall aus der Erde gekommen und haben geklagt: »De Trippeln sünd œwer de Troll.« Das sollte heißen, die Kühe stünden gerade über dem Bükkessel. Also büken1 die Unterirdischen auch.[299]

Ein Bauer pflügte mit seinem Jungen. Da rochen sie, daß die Unterirdischen frisches Brot hatten. »Ach«, sagten sie, »hätten wir auch doch was ab!« Als sie nun die Wende wieder herumkamen, stand da ein Tisch gedeckt vor ihnen. Sie setzten sich nieder und ließen sich's wohl schmecken. Nach der Mahlzeit aber nahm der Junge die Messer weg, da wollte der Tisch gar nicht verschwinden, tat's auch nicht eher, als bis die Messer an ihren Ort gelegt waren. Und nach der Zeit haben sie nicht einmal wieder was gerochen, viel weniger also den Tisch zum zweiten Male gesehen.

Ein Rendsburger erzählt, es sei in seiner Familie lange ein ganz eigner Stein aufbewahrt gewesen, den man einst bei einem im Freien spielenden Kinde gefunden habe. Das Kind habe gesagt, ein ganz kleines Männchen hätte den Stein ihm gegeben, und es habe noch mit dem Finger auf die Stelle hingezeigt, wo das geschehen. Das Männchen aber war nachher nicht mehr zu sehen.


Durch Dr. Klander aus Plön. Vgl. Nr. 577. 498. 473 Anm. 455.

Fußnoten

1 Büken nennt man das Einweichen der Wäsche in einer heißen Lauge von Buchen- oder in der Marsch auch Bohnenstrohasche.


Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 299-300.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagen, Märchen und Lieder
Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg
Sagen, Märchen und Lieder der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg
Plattdeutsche Legenden und Märchen: aus: Karl Müllenhoffs Sammlung (1845): Sagen, Märchen und Lieder der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg
Legenden und Märchen von Ostsee und Schlei: aus: Karl Müllenhoffs Sammlung (1845): Sagen, Märchen und Lieder der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg
Sagen, Maerchen und Lieder der Herzogtuemer Schleswig, Holstein und Lauenburg