1.

[349] Auf dem Hofe Bombüll in der Wiedingharde bei Tondern hat sich oft ein Puk aufgehalten und viel Verkehr gehabt mit den Dienstboten, sonderlich aber die Aufsicht über das melkende Vieh geführt. Einmal als in einem langen Winter es an Futter zu mangeln anfing, klagte der Herr darüber. Da ging der Puk, der es unbemerkt gehört hatte, in der nächsten Nacht nach einem andern Hofe, wo er einen vollen Heuschober aufgefunden hatte, und trug auf seinem breiten Rücken alles Heu in die Scheune seines Herrn hinüber. Für seine Dienste aber mußte er jeden Abend seinen Teller mit Grütze und einem Stück Butter darin erhalten; ließ man die Butter heraus, so hatte er am andern Morgen der besten Kuh im Stalle den Hals umgedreht. – Er saß gern in der Giebelluke sich zu sonnen. Einmal standen die Leute unten auf dem Hofe, der Puk saß in der Luke und hatte seinen Spaß daran, sie zu necken, indem er bald das eine, bald das andere Bein in die Höhe hub und dazu unaufhörlich rief: Hier Puke een Been, hier Puke ander Been! Da schlich sich ein Knecht leise auf den Boden und gab dem Kleinen einen Stoß in den Rücken, daß er hinunterpurzelte auf die Steinbrücke. Da fanden die Untenstehenden aber nichts als Topfscherben, vom Puk war nichts zu sehen. Nachts aber schlich er sich in des Knechts Kammer ein, nahm ihn ganz sachte aus dem Bette und legte ihn quer über den offenen Brunnen. Als nun der Knecht erwachte und sah, in welcher Gefahr er sich befand, half er zwar mit großer Behutsamkeit sich davon, aber der Schreck machte ihn lange Zeit krank.

Einmal an einem andern Orte hat ein Puk einem Knecht, der ihn ebenso geneckt hatte, auch bezahlt. Dieser schlief nämlich bei einem andern in demselben Bette und er war kleiner als sein Kamerad. Als er sich nun Abends niedergelegt hatte und eben einschlafen wollte, stellte der Puk sich oben ans Bett, faßte den Knecht bei den Haaren und rief: Nich liek! Und[349] damit zog er ihn so weit hinauf, daß er mit seinem Kameraden gleich lag. Dann trat er ans andere Ende des Bettes, hub die Decke auf und faßte den Knecht bei der großen Zehe, indem er abermals rief: Nich liek! und zog ihn wieder hinunter. Auf diese Weise zerrte er ihn die ganze Nacht hin und her und man kann sich denken, daß der Knecht während der Zeit kein Auge zugekriegt hat.


Schriftlich. – Mit dem ersten Stücke stimmt eine nordschleswigsche Relation in Dannewirke 1843 Nr. 53: Der Niß hat nicht gut auf die Pferde gepaßt, der Knecht stößt ihn aus dem Bodenfenster hinunter unter die Hunde, die ihn fast zerreißen etc. Mündlich. Vgl. Thiele, Danm. Folkes. II, 270f.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 349-350.
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