557. Sonnenuntergang.

[378] Hinter Büsum, sagt man in Dithmarschen, ist die Welt mit Brettern zugenagelt. Da sitzt am äußersten Ende ein großer Riese, der hat die Sonne an einem Tau und windet sie jeden Morgen in die Höhe und jeden Abend herunter.

Man sagt aber auch, daß die Büsumer selbst in ihrem Kirchturm sitzen und die Sonne am Tau haben; sie bewahren sie darin die Nacht über auf und müssen sie des Morgens wieder in die Höhe stoßen. Man sagt auch so: Wenn sie des Abends in ihre Nähe kommt, so binden die unartigen Straßenjungen des Orts ihre Taschenmesser an Bindfaden und werfen damit in die Sonne hinein, und tucksen sie dann herunter. Andere aber behaupten, daß es in der Nähe von Hamburg ein Dorf gibt mit so gottlosen Leuten, die dasselbe beim Monde tun; auch sie ziehen ihn auf und nieder, schneiden ihn oft zurecht und von ihren Messern hat er die großen Löcher und schwarzen Flecke.


Mündlich.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 378.
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