102. Henscherade.

[89] Das Dorf Henschrade bei Bergenhusen in Süderdithmarschen ist schon vor langer Zeit ausgestorben; war ehemals aber so mächtig, daß der Priester nicht eher auf den Stuhl treten durfte, die Henschrader wären denn gekommen. Von allen Einwohnern war nur noch ein Mann mit seinen Söhnen übrig. Der hatte eine große Sache, die ihm aber von einem Achtundvierziger, der zu Windbergen wohnhaft, verdreht wurde; er verlor sie darum. Da sagten die Söhne zum Vater, er solle nur ruhig sein; »wir wollen Euch das Blatt holen, das Euch Eure Sache verraten«; machten sich bei Nachtzeit auf, brachen ins Haus des Achtundvierzigers und schnitten ihm die Zunge aus, die sie ihrem Vater brachten. Darauf packten sie Hab und Gut zusammen und begaben sich nach Femern.


Neocorus I, 55. Vgl. Nr. 58. 68.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 89.
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