111. Da danzt Bornholm hen.

[92] Dies Sprichwort, das in vielen Gegenden Holsteins gilt, ist auf diese Weise entstanden: Die Insel Bornholm war einmal vom König von Dänemark den Lübeckern in Pfand gegeben. Da nun der König zu einer Zeit die Stadt besuchte und man ihm zu Ehren ein Fest anstellte, hat er während der Zeit der Frau des Bürgermeisters gewaltig die Cour gemacht und endlich sogar mit ihr getanzt. Da sagten die Leute: »Da danzt Bornholm hen!« Denn sie wußten, daß der Bürgermeister durch die Ehre seiner Frau sich überaus geschmeichelt fühlte. Ihre Prophezeiung ist auch bald darauf eingetroffen und Bornholm fiel an den König zurück, ohne daß er bezahlt hatte.

Andere erzählen auch so, daß der Lübecker Bürgermeister habe die Ehre haben wollen mit der Frau Königin zu tanzen, welches ihm auch gewährt worden, unter der Bedingung, daß Bornholm wieder an den König käme.


Mündlich und Schütze, Idiotikon I, 136. – Auf einem Silbergeschirr im Lübecker Rathause steht die Inschrift:


Dat Bornholm sin Herren versaket,

Hefft wi to sulkem Krose gemaket.


Schütze, Idiotikon IV, 306. – Ähnlich erzählt man: Ein Herzog von Schleswig wollte gerne von dem Kloster den Selker-See gegen den Tolker eintauschen. Aber vergebens. Da lud er die damalige Priorin zu einem Tanzfeste im Haddebyer Holze ein, gab ihr die Ehre des ersten Tanzes und brachte sie so zur Einwilligung in den Tausch. Die späteren Priorinnen haben vergeblich versucht, den Selker-See wieder an sich zu bringen; als sie dennoch eigenmächtig mit der großen Wade darin fischen ließen, ward ihnen diese genommen und der Klostervogt in den Turm gesetzt. Schröders Beschreibung der Stadt Schleswig, S. 181.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 92-93.
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