116. Der große Wald in Nordschleswig.

[95] In alten Zeiten waren zwischen Apenrade und Ripen keine Dörfer, noch bebaute Felder, sondern lauter Wald, der so dicht gewachsen war, daß ein Eichhörnchen den ganzen Weg machen konnte, ohne den Boden zu berühren, und daß man zwei Stunden zwischen den beiden Städten fahren konnte, ohne daß ein Sonnenstrahl durch den dichten Wald den Reisenden traf. Aber während eines Krieges mit Schweden ward der Wald in Brand gesteckt und ganz zerstört. Bei Göttrup war in alten Zeiten vor dem Walde eine kupferne Pforte, die mit einem schweren goldenen Schlüssel geschlossen ward. Dieser ward auf einem Hofe jenes Dorfes aufbewahrt und niedergelegt; aber er ward verloren und ist noch nicht wieder gefunden.


Herr Schullehrer M. Langvad in Tieslund. – Über die Wälder jener Gegend Jensen, Kirchl. Statistik S. 893. Aagaard, Törninglehn. Rhode, Haderslev-Amt S. 330, 383. – Andre Formeln von der Dichtigkeit der Wälder sind: Bei Lund, Amt Tondern, war ein Wald, darin konnte man nicht die Sonne zu sehen bekommen. Bei Osterlügum, bei Apenrade, war einst so viel Wald, daß, wenn eine Braut von Gjenner nach Lügum geführt ward, man die niederhängenden Zweige abhauen mußte, um ihre Brautkrone zu schützen. Die Balken der Kirche sind an Ort und Stelle gewachsen. Schröder, Topographie. – Wie in dem mitgeteilten Stück märchenartig eine kupferne Pforte mit goldenem Schlüssel vorkommt, so soll vor dem ehemaligen Schloß bei Bosbüll, Amt Tondern, eine kupferne Brücke gewesen sein. Vor einem Bauerhause, eine Meile vor Lunden in Dithmarschen, waren ein paar eherne Türen, deren Schall, wenn sie abends zugeschlagen wurden, im Orte gehört ward.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 95.
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