121. Die Hostruper.

[97] »Gah hen na Hostrup un laat di de Dœs utschniden,« sagt man in Angeln, weil man glaubt, die Hostruper hätten einen eigenen Speicher, um alle Dummheiten darin aufzubewahren.[97]

An einem schönen Sommertage befand sich einmal das ganze Dorf auf dem Felde beim Grasmähen; da kam einer zu ihnen und erzählte vom Kriege, über den er eben in der Stadt hatte reden hören. »Krieg, wat is denn Krieg?« fragte ein Hostruper. »Wenn de Trummel geit,« antwortete der andere. »Wo geit de Trummel denn?« fragten wieder die Hostruper. »Bum, bum, bum!« antwortete der Fremde.

Nun arbeiteten sie ruhig eine Weile weiter, aber die Trommel steckte allen in den Köpfen. Sie hatten eine Tonne Bier mit auf dem Felde gehabt und bei der großen Hitze schon ausgetrunken; eine Hummel traf das Spuntloch des leeren Fasses, konnte aber den Ausgang nicht wieder finden, und fing an darin zu summen, und bum! bum! stieß sie immer mit ihrem dicken Kopfe an das Holz: »da is de Krieg all!« rief nun der Klügste unter den Hostrupern aus, und alles stürzte augenblicklich in wilder Flucht davon. Ein beherzter Mann wollte aber doch wenigstens etwas retten, nahm das Bierfaß mit dem Riemen auf den Rücken, und lief den andern nach. Da hörten sie nun den Feind mit dem schrecklichen Bum! bum! dicht hinter ihnen, und jeder Hostruper hätte gern mehr als zwei Beine gehabt. Einer sprang schnell auf ein Pferd, das am Wege graste; der Pflock aber, an dem es angebunden stand, flog heraus und schnellte dem Reiter an den Kopf, und der Verwundete schrie den andern nach: »de Fiend hett mi drapen!« Da kannte die Angst der Hostruper keine Grenzen mehr und wer nur konnte, sprang über Hecken und Zäune.


Durch Herrn Marquardsen in Schleswig.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 97-98.
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