127. Die Kisdorfer.

[101] Von den Kisdorfern bei Bramstede gibt es viele Dönchen. In der Krempermarsch heißen die Neuenkirchener an der Stör aber auch Kisdorfer.

Einmal fuhr ein Geestbauer mit Torf nach Kisdorf und hatte eine Sense mit auf dem Wagen, um damit am Wege das nötige Gras für seine Pferde zu mähen. Nahe beim Dorfe bemerkte er schönes Gras; er stieg ab und schnitt seinen Pferden eine gute Mahlzeit; ließ aber die Sense liegen, um am Abend noch eine gute Portion mit nach Hause zu nehmen. Als nun die Kisdorfer merkten, daß auf ihrer Meente Gras fehle und sie die Sense fanden, hielten sie diese für ein grimmiges, Gras fressendes Tier, und beschlossen, um ihrer fernern Verwüstung Einhalt zu tun, den Platz zu umzäunen. Abends fand der Geestbauer die wunderliche Einrichtung und lachte sich herzlich satt darüber; er hat nachher diese Geschichte unter die Leute gebracht.[101]

Ein andermal hatten die Kisdorfer ein wildes, störrisches Pferd, das in keinem Stalle bleiben wollte. Sie beschlossen, ein eigenes Haus um dasselbe herum zu bauen. Als sie damit fertig waren, hatten sie die Fenster vergessen und mußten nun ein Loch ins Dach machen und den Tag mit Säcken hineintragen.


Durch Herrn Dr. H. Schröder.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 101-102.
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