41. Peter Muggel.

[41] In den Zeiten, als Hamburg und Lübeck noch mächtig waren, hatte der kühne Räuber Peter Muggel das Dorf und Schloß Schwienkuhlen bei Ahrensbök in Besitz. Von hieraus plünderte er die ganze Umgegend und besonders paßte er den Kaufleuten und den mit Waren bepackten Wagen auf, die zwischen jenen beiden Städten hin- und herzogen. Bald ward es diesen jedoch zu viel und sie schickten ihre Soldaten, die das Dorf und das Schloß in einen Trümmerhaufen verwandelten. Der Hügel, wo das Schloß stand, heißt heute noch der Muggelberg. Aber Peter war längst auf einen solchen Überfall gefaßt gewesen und hatte seine besten Schätze und sein bares Geld, das er sich zusammengeraubt hatte, schon in eine Höhle bringen lassen, die er in der Klenzauer Weide, einem Holz bei dem Dorfe Klenzau, eigens dazu eingerichtet hatte. Als nun die Soldaten sein Nest zerstörten, floh er auf seinem Schimmel dahin und setzte bald sein früheres Geschäft eifriger fort, als vorher. Alle Bemühungen der Städte, seinen Schlupfwinkel zu entdecken, blieben lange fruchtlos. Endlich fand man ihn, aber er wußte mit seinen tapferen Gefährten die gegen ihn ausgeschickten Leute zu schlagen. Die Bürger schickten aber immer neue Mannschaft, und so hatte Peter Muggel bald alle seine Genossen verloren und mußte fürchten, selbst in die Hände seiner Feinde zu geraten. Aber er wollte doch nicht seine Schätze an sie kommen lassen und selber das Äußerste versuchen.

In einer dunkeln, stürmischen Nacht berief er darum den Teufel. Bald erschien dieser in der Gestalt eines schwarzen Bocks und befahl ihm, eine Grube zu graben, um die Schätze da hineinzulegen. Als Peter die erste Erde aufwarf, ward es um ihn hell wie am Tage; denn vor ihm stand der schwarze Bock mit einem brennenden Licht unter dem Schwanze. Als die Grube fertig war, ward der Schatz gezählt hineingelegt und der Teufel setzte sein Siegel darauf, das noch als ein platter Stein zu sehen ist. »So«, sagte der Teufel, »nun ist dein Schatz verwahrt; willst du oder ein anderer ihn einmal wieder haben, so müßt ihr in einer eben solchen Nacht wie diese, mit einem eben solchen Bock wie ich bin, und der euch auf dieselbe Art leuchtet, kommen; aber wenn der Bock auch nur ein weißes Härchen hat, oder ihr anderes Licht gebraucht, wird eure Arbeit umsonst sein.«[41]

Da nun bis auf den heutigen Tag des Teufels Siegel unberührt an demselben Orte liegt, so wird der Schatz auch nicht gehoben sein. Dem Peter Muggel aber waren seine Tage gezählt.

Bald machten die Lübecker wieder Jagd auf ihn. Weil er sich unsicher hielt, ritt er in der Dämmerung zu einem Schmiede, ließ seinem Schimmel die Hufeisen verkehrt aufsetzen und ritt so wieder in seine Höhle. So, meinte er, würden die Feinde glauben, er sei ausgeritten. Sie fanden auch bald die Spur und dachten auch wirklich so; aber in der Hoffnung, Schätze zu finden, gingen sie in die Höhle und fanden da den Räuber schlafend. Einer machte sich über ihn her und erstach ihn. Sie hätten ihn wachend auch gewiß nicht besiegt.

Seit der Zeit jagt Peter Muggel noch oft auf seinem dreibeinigen Schimmel in der Nacht durch das Dorf Gieselrade mit furchtbarem Gerassel und Getöse. Er reitet dann zu einem großen Teiche in der Nähe des Dorfes und schwemmt da sein Pferd und kehrt ebenso wieder nach seinem Schlupfwinkel zurück. Jedermann muß sich hüten, ihm zu begegnen.


Mitgeteilt durch Herrn Schullehrer Kirchmann in Eutin und mündlich. Vgl. Grimm, Deutsche Sagen 128. – In einem Gehölze westlich von Gothendorf, Kirchsp. Eutin, ist ein kleiner runder Platz die Grabstätte von Peter Muggel, und östlich von Klenzau zeigt man eine runde Erhöhung mit einem großen Stein, wo er auch begraben sein soll. – 1469 verkaufte Frau Abel, Eggerd Muggels Witwe, das Dorf und den Hof Schwienkuhlen an das Kloster Ahrensbök. Schröder, Topographie von Holstein, unter Klenzau und Schwienkuhlen.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 41-42.
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