58. Die Edelfrau auf Tollgaard.

[51] Auf Tollgaard nahe bei Östergaard in Angeln hat eine Edelfrau in ganz alten Zeiten ihren Sitz gehabt und sich nach Struxdorf zur Kirche[51] gehalten. An hohen Festtagen gingen der Prediger und der Küster dann auf dem Kirchhofe umher und durften den Gottesdienst nicht eher anfangen, weil die Frau von Tollgaard noch nicht gekommen war. Endlich gab der Prediger dem Küster Auftrag zu läuten:


»Nu ka' do gaa' op aa ring'!

Nu kömmer ä Frau fra Tollgaard.«1


und der Küster antwortete:


»Nu kömmer hun,

Nu kömmer Ann Post

fra Tollgaard över Tingvaj,

med siir hviid Ög,

med Knopper Hör

o Stükker Smör

o stur Rau-Lief.«2


Das also schenkte sie den Kirchendienern, weil die auf sie hatten warten müssen.


Jensen, Angeln S. 125. Vgl. Nr. 68, 102. – Ein paar andre kleine Sagen, die auf die alten kirchlichen Verhält nisse Bezug haben, bei Jensen, Angeln S. 125, 450 und Schröder, Topographie von Schleswig unter Ulsbye, wozu man vgl. Thiele, Danm. Folkes. I, 190, 209.

Fußnoten

1 Nun kannst du hinaufgehn zu läuten. Nun kommt die Frau von T.


2 Nun kommt sie, nun kommt Anna Post von Tollgaard über Tingvej, mit ihren vier weißen Schimmeln, mit einigen Rüsten Flachs und Stücken Butter und einem großen Roggenbrot.


Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 51-52.
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