155. Ein weißes Pferd weiset die heilige Stätte.

[118] Im Norden von Alversdorf in Süderdithmarschen liegt eine weite Heidestrecke, die Immensteder Loh (d.i. Waldung), wo in alter Zeit ein reiches Dorf Immenstede lag, das von einem von Norden kommenden Feinde bis auf den Grund zerstört ward. Die Einwohner wollten sich nun einen andern Wohnplatz suchen und man kam nach langem Zwiste überein, einen Schimmel laufen zu lassen; wo der stille stehe, solle die Kirche und das Dorf gebaut werden. Der Schimmel ging fast eine halbe Meile südlich und fing im Osten vom Beek, der Gieselau, auf einem schönen grünen Platze bei einem Fliederbusche an zu grasen. Da erbaute man die Alversdorfer Kirche und der Fliederbusch war westlich davon auf dem Kirchhof noch vor wenigen Jahren zu sehen.

Aber auch die Tellingsteder behaupten die Nachkommen der Immensteder zu sein und sagen, daß der Platz ihrer Kirche auf dieselbe Weise gefunden sei. – Ebenfalls in Süderdithmarschen erzählen die Süderhasteder, daß ihre Vorfahren ein weißes Pferd haben gehen lassen und das am andern Morgen mitten in einem großen Dorngesträuch gefunden sei. Dieses reutete man aus und baute dahin die Kirche. – Auch in Jevenstede bei Rendsburg hat man nach langem Streit das weiße Pferd gehen lassen, und es am andern Morgen in einem Sumpfe gefunden, daher auch die Kirche und ein großer Teil des Dorfes noch in einer Niederung liegt.


Mündlich.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 118.
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