194. Der Ecksee und der Kattsee in Dithmarschen.

[138] Rechts am Wege von Schalkholz nach dem jetzigen Tellingstede, nicht weit vom Schalkholzer Tepel, lag das alte Tellingstede. Die Leute waren so gottlos und übermütig, daß sie einen Prediger zwangen, einer Sau das Abendmahl zu geben. Schon als er ins Haus kam, drang ihm ein Schwefelgeruch entgegen und als er nachher wieder auf die Diele trat, wimmelte sie von Aalen mit großen Augen und zischend wie Schlangen, und gräßliche Kröten und andres Ungeziefer lief umher und ein furchtbarer Sturm erhob sich und die Hunde heulten. Da rief der Prediger schnell die frommen Leute des Ortes zu sich und sie flohen und erbauten nachher das jetzige Tellingstede. Gleich hinter ihnen war mit Krachen das alte Dorf in die Erde gesunken und ein trüber bodenloser See, der Ecksee oder Nekssee, steht jetzt da, in dem kein Fisch lebt.

Ein paar Meilen weiter südlich bei Burg in Süderdithmarschen lag in der Dorfschaft Kuden auch einst ein reiches übermütiges Dorf Hardendorf. Da begingen sie denselben Frevel an dem Sakramente. Am andern Morgen lagen Wege und Häuser ganz voll von Fischen und der Prediger erhielt von Gott den Befehl, den Ort zu verlassen. Kaum war er fort, so trat Wasser über das Dorf und der Kattsee liegt da jetzt, anmutig von Hügeln umgeben. Anfangs hat man noch mit einem Windelbaum die Turmspitze fühlen können, aber jetzt ist der See längst ganz grundlos geworden.


Mündlich. – In Dithmarschen erzählt man ferner, daß das alte Marne mit sieben Kirchspielen draußen in der See liege. Ebenso von Brunsbüttel; bei niedrigem Wasser will man noch Spuren davon in der Elbe entdecken. Doch ist hier nie viel Land abgerissen.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 138.
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