262. In den Zwölften.

[176] (In den Zwölften hütet man sich zu spinnen oder Flachs auf dem Rocken zu lassen, sonst jagt der Wode hindurch.)

Eine Frau wollte es doch versuchen, setzte sich hin und spann. Gleich fiel ihr Gesinde in einen schweren Schlaf, aus dem sie nicht zu wecken waren und bald ging die Tür auf und einer kam herein, hieß ihm das Spinnrad geben und fing an zu spinnen. Die Frau konnte nichts anders tun als den Flachs, den sie hatte, ihm nur immer zuwerfen; gleich war alles gesponnen, gehaspelt und gewickelt und immer verlangte der Teufel mehr. Nun holte die Frau alles, was sie an Hede im Hause hatte, darauf all ihre Wolle; aber damit ging's ebenso und es war erst vier Uhr und der Tag noch weit. In ihrer Angst lief sie zu ihrer Nachbarin, die eine alte, kluge Frau war und wohl schon gemerkt hatte, was in ihrem Hause vorging. Denn sie kam ihr schon entgegen und machte sie darauf auch glücklich frei. Hätte der Teufel alles aufgesponnen und hätte die Frau ihm bis Tagesanbruch nicht genug zu tun gegeben, würde es ihr Leben gekostet haben.


(Dav. Franck, Altes und neues Mecklenburg I, 55.) Mündlich aus Marne in Dithmarschen. – Börners Orlagau S. 159. 167. Grimm, Myth. S. 247 f.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 176-177.
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