275. Der versunkene Wagen.

[184] In den Apenrader Meerbusen mündet ein kleiner Bach, an dessen Ausfluß sich eine bodenlose Tiefe befinden soll. Früher war hier ein großer Sumpf.[184]

Einst am Weihnachtsabend fuhr ein Mann mit Frau und Kind zur Stadt. Die Nacht war dunkel und kein Stern schien am Himmel. Schon hatten sie ihr Ziel beinahe erreicht, aber noch sollten sie an jenem Sumpfe vorbei. Doch als wenn es vom Unglück bestimmt gewesen wäre, es kam der Wagen dem Rande desselben zu nahe und ehe Rettung möglich war, war er mit allen, die darauf saßen, versunken. Seitdem ist das Wasser des Baches übergetreten, und vom Sumpfe sieht man keine Spur mehr. Aber alljährlich um die Zeit des heiligen Festes kann man den versunkenen Wagen mit schwarzen Rossen bespannt die Stadt umfahren sehen, wie er sich vergebens bemüht die Einfahrt zu gewinnen. Mit dem letzten Schlage der Mitternachtsstunde muß er aber mit Mann und Roß wieder an dem alten Unglücksort versinken.


Durch Fräulein D. Tamsen in Tondern.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 184-185.
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