1.

[204] Der Herr von Zago auf Satrupholm war nicht weniger grausam gegen seine Dienstboten und Gutsuntergehörigen als seine Frau, die böse Frau von Zago. Gleich nach seinem Tode ging ein Rumoren und Poltern im Schlosse an; sein unseliger Geist tobte umher, schlug und quälte die Schlafenden und drang endlich ins Schlafzimmer der Frau. Da ward ein damals besonders berühmter Prediger aus Adelbye bei Flensburg, dem früher schon mehrere Male es geglückt war Geister zu bannen, herbeigerufen. Er versprach mit Zuversicht auch hier Ruhe zu schaffen. Gegen zwölf Uhr ging er mit der Bibel unter dem Arm in das Zimmer, wo sich der Spuk immer zuerst zeigte. Als die Uhr geschlagen, ließ sich sogleich ein schallendes Gelächter vernehmen und der Geist trat ein. Der Prediger öffnete die Bibel und las die Stellen laut her, die sonst von Erfolg gewesen waren. Aber der Geist kam auf ihn zu und schlug ihm das Buch aus der Hand und der Geistliche konnte froh sein noch mit heiler Haut davon zu kommen. Der Spuk im Schlosse ward darnach noch doppelt so arg; man war nahe daran das Schloß ganz zu verlassen, als noch eben zur rechten Zeit Hilfe kam.

An einem Abend kam ein von der Universität relegierter Student der Theologie im Wirtshause in Satrup an und bat um Nachtquartier. Nach langem Weigern gewährte der Wirt es ihm. Unter den übrigen Gästen kam bald die Rede auf den Spuk und einer erzählte alles genau; der Student hatte aufmerksam zugehört und er erbot sich nun sogleich, den Spuk zu bannen. Er ward in dasselbe Zimmer geführt, wo der Prediger seinen Besuch gemacht hatte. Bald kam der Geist. Der Student hielt ihm erst eine lange Strafpredigt und stellte ihm alle seine Schandtaten vor. Darauf erwiderte der Geist, wer sich zum Strafprediger aufwerfe, müsse erst selbst rein sein; er, der Student, habe einmal beim Bäcker Semmeln gekauft, sei aber ohne bezahlt zu haben davon gegangen. Der Student griff sogleich in die Tasche und warf dem Geist den schuldigen Schilling zu; darauf mußte dieser schweigen. Nun hielt der Student ihm[204] das heilige Buch hin und forderte ihn auf, es ihm aus der Hand zu schlagen; aber der Geist konnte es nicht und mußte sich für überwunden erklären; nur eine Bitte hatte er noch, daß er unter der Zugbrücke seinen Platz nehmen dürfe. Allein die Bitte fand kein Gehör; der Geist hätte da sicherlich die Vorübergehenden nicht in Ruhe gelassen, und schon war eine große hohle Buche, nördlich vom Schlosse, als Verbannungsort ausersehen. Der Kutscher war schon bereit, Geist und Geisterbanner dahin zu fahren, als dieser ihm erst befahl, das Hinterrad abzuziehn und in den Wagen zu werfen. In vollem Galopp ging's nun zum hohlen Baum und der unglückliche Geist mußte bis dahin die Achse tragen; dann mahnte ihn der Student schnell hinein. Seit der Zeit war Ruhe im Schloß. Viele Jahre später wollte ein neuer Besitzer, alles Widerratens ungeachtet, den gefährlichen Baum fällen lassen. Aber die Knechte kamen bald wieder zurück und meldeten, daß keine ihrer Äxte gegen den steinharten Baum hielte. Da erbot sich der Schmied in Ausacker, der was von der Kunst verstand, die Beile zu schärfen. Es gelang nun den Baum zu fällen; aber kaum stürzte er, als eine ungeheure Schar von Uhus und Eulen herbeigezogen kam und mit entsetzlichem Geheul lange die Luft erfüllte.


Herr Organist Schmidt in Fahrentoft in Angeln. Vgl. Nr. 60. – Ähnlich wird erzählt, daß einmal ein Herr die unterirdischen Gänge bei Puttlos, siehe Nr. 37, 2. habe öffnen lassen, dabei der Kutscher vor Schreck sogleich starb, der Schmied und Vogt bald nachher. Als man eine große eiserne Tür gesprengt, sei ein großer Schuhu herausgeflogen und habe sich aufs Herrenhaus gesetzt. Man habe einen katholischen Priester aus Wien holen müssen, der erst, aus einem kleinen Katechismus lesend, den Vogel wieder habe zur Ruhe bringen können. – Auch als man in Nübel in Sundewitt einen dicken Eichenstamm auf dem Hofe eines Bohlmanns her ausnahm, ward Hofraum, Scheune und Haus voll von Krähen und Raben. Erst als man den Pfahl, unter den ein Gespenst gebannt war, wieder einsteckte, wurden sie ruhig. Dritter Bericht der Gesellschaft für Altertümer S. 23. – In dem Schlosse Nütschau im östlichen Holstein hängt ein großes Schloß an starken Ketten im Schornstein. Herunternehmen darf man es nicht; sonst entsteht ein furchtbares Gerappel und Gepolter in allen Zimmern, daß man nirgends aushalten kann. Mündlich.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 204-205.
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