309. Das bezauberte Wirtshaus.

[209] Zu Guckelsby, Kirchspiel Sieseby, lebte vor Jahren ein Wirt, zu dem kam ein Tischler, Namens Wiese, der sich auf die Schwarzkunst verstand; denn er hatte das Buch Cyprianus gut durchstudiert. Nachdem Wiese sich eine Zeitlang bei dem Wirt aufgehalten, entzweite er sich mit ihm und ward aus dem Hause gewiesen. Dafür aber bezauberte er nun das Haus. Es fing bald darin, besonders in der Gaststube, ein Werfen mit Kartoffeln an, nicht von außen, sondern unter dem Bett heraus. Trat ein Gast ein, ward er jedesmal mit Kartoffelwürfen empfangen. Ließ er sich dadurch nicht abschrecken, sondern setzte sich und forderte was zu trinken, so tanzte ihm das Glas auf dem Tische. Überhaupt war alles in der Stube, Tische, Stühle, Schränke, in steter Bewegung. Anfangs kamen viele Leute aus Neugier, allein nach und nach ward das Haus von Fremden gemieden. Wollte der Wirt nun nicht ganz verarmen, so mußte er sich mit Wiese vertragen. Er ging daher nach Eckernförde, wo dieser sich damals aufhielt, vertrug sich mit ihm und gleich darnach ward alles wieder so in seinem Hause, wie es zuvor gewesen war. Die Sache war ganz landkundig geworden, und man sagt, daß sogar Professoren aus Kiel verkleidet dagewesen waren und sie untersucht und ganz so befunden hatten, wie sie hier erzählt ist.


Durch Herrn Schullehrer Boysen in Bistensee.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 209.
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