369. Hexe als Fuchs.

[246] Vor hundert Jahren lauerte in dem Redder1, der von Segeberg nach Kleinrönnau führt, oft ein Fuchs Vorübergehenden auf, biß sie und nahm besonders Kindern die Sachen weg, die sie mit sich führten. Der Weg war zuletzt so verschrien, daß niemand ihn mehr zu passieren wagte; keine Kugel hatte den Fuchs noch erlegen können. Zwei Bauern luden endlich ihre Flinten mit einem ererbten silbernen Knopf; und als der Fuchs bellend auf sie zukam, schoß der eine seine Flinte auf ihn ab und verwundete ihm den einen Vorderfuß. Nun eilte der Fuchs so schnell davon, daß die Jäger nicht folgen konnten; doch sahen sie, daß er in einen[246] runden Backofen in Kleinrönnau schlüpfte. Als sie dahin kamen und die Tür öffneten, um ihm den Rest zu geben, kroch ein altes Weib, dessen Arm stark blutete, heraus und schrie: »Kommt, Hunde, freßt!« – Wenn eine Hexe nämlich verwundet wird, muß sie ihre wahre Gestalt wieder annehmen.


Durch Herrn Heinrich. – Dieses Stück wird auch häufig z.B. im Gute Wensien, in Ellerbek bei Kiel etc. von Hexen erzählt, die sich in Hasen verwandelt haben; verwundet fliehen sie in einen Backofen.

Fußnoten

1 Redder ist ja ein von Wällen eingeschlossener Weg mit hohen Zäunen auf beiden Seiten.


Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 246-247.
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Legenden und Märchen von Ostsee und Schlei: aus: Karl Müllenhoffs Sammlung (1845): Sagen, Märchen und Lieder der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg
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